q – querschnitt spezial

Transkript

q – querschnitt spezial
Vereint
mit
Humanis Verlag für Gesundheit GmbH • Silcherstrasse 15 • D-67591 Mölsheim • Deutsche Post AG • Entgelt bezahlt • ZKZ D 05475 • ISSN 0723-5070
28. Jahrgang
2/ 2010
editorial
Schmierenjournalismus
Liebe Leserin, lieber Leser,
Kollegenschelte ist an sich nicht unsere
Art. Nur was sich die Herren von der Illustrierten „stern“ da mal wieder geleistet haben, kann nicht unwidersprochen
bleiben. PARA-Autor Ralf Kirchhoff hat
bei „stern TV“ einen Beitrag gesehen,
der ihm zu recht die Zornesröte ins
Gesicht trieb. Da geben wir uns seit
Jahrzehnten Mühe, frisch von Querschnittlähmung Betroffenen und vor
allem ihren zutiefst verunsicherten Angehörigen zu
vermitteln, dass sie erstens nach gewisser Zeit die Tatsache einer Behinderung akzeptieren müssen, mit der
man zweitens durchaus ein erfülltes Leben haben kann.
Immer wieder wurde in der Vergangenheit in besagtem
Blatt die ewig gestrige Propagandalüge vom unwerten
Leben hervorgekramt in Geschichten mit dem Tenor:
„Ich bin vom Hals ab gelähmt, aber man lässt mich nicht
sterben.“ Dieses Geseiere auf Boulevard-Niveau macht
vieles zunichte, was Jahre der Rehabilitations- und Integrationsbemühungen aufgebaut haben.
Diesmal zerdepperte der unbedarfte Herr Jauch anderes Geschirr. Star der Sendung war einer dieser Oberschlauen, die glauben das Glück einer inkompletten,
mit modernsten Mitteln weitgehend wieder rückgängig gemachten Querschnittlähmung sei der eigene
Verdienst, schließlich habe man so einen unglaublichen
Willen gehabt den Rollstuhl wieder zu verlassen. Und
weiter: Wer drin hocken bleibe, sei selbst schuld. Einmal
ganz ohne Ironie: Wer das glaubt, hat nichts verstanden.
An einer kompletten Schädigung des Rückenmarks ist
nachträglich nichts zu verbessern, an manchen nicht
vollständigen Verletzungen hingegen mit operativen
und medikamentösen Mitteln durchaus, gerade zeitnah.
Wie viel Verwirrung wird da in der Öffentlichkeit und bei
den verunsicherten Angehörigen gestiftet. Sucht Euch
einen anderen Quatsch für Euer nutzloses Fernsehformat – und lasst uns in Ruhe!
Der gedruckte stern ist offenbar auch ein behindertenfeindliches Kampfblatt geblieben. In der diesjährigen Nr.
18 auf Seite 50 muss sich Hans-Ulrich Jörges mal wieder
beweisen, dass er weiß, was in Berlin passiert. Diesmal
ging es um Finanzminister Dr. Wolfgang
Schäuble. Ich weiß, der ist in unseren
Kreisen nicht beliebt, zu kühl und zu privilegiert. Aber darum geht es hier nicht.
Dieser Herr Jörges lässt sich zu dem Satz
hinreißen: „Ein Krüppel als Finanzminister in großer Krise?“ und nur der Zusatz
„…fragen nun andere“ (Wer denn eigentlich, Sie Schreiberling?) macht eine
Anzeige wegen Diskriminierung leider
wenig aussichtsreich. Lassen Sie das,
Herr Jörges! Wenn sich selbstbewusste
Behinderte als „Krüppel“ bezeichnen ist das deren Sache. Wenn Sie das machen, wenn Sie dann auch noch
Behinderung gleichsetzen mit Unzuverlässigkeit und
Schwäche, grenzt das an Volksverhetzung.
Nachsatz: Dass sich der 67 jährige Schäuble kurz danach
von seinen gesundheitlichen Problemen gut erholt
präsentierte, überraschte nicht. Dass der Ex-Oberlinke Lafontaine ihn persönlich verteidigte (damals auch
Attentatsopfer), finde ich aller Ehren wert. Dass der Finanzminister die Bedenken wegen seiner Gesundheit
als „legitim“ bezeichnet ist seine Sache. Dass Herr Jörges
keine Ahnung hat, zeigt auch die Tatsache, dass der von
ihm als Schäuble-Nachfolger ins Gespräch gebrachte
Roland Koch gerade die politische Bühne verlässt.
Wir werden uns vom Boulevard-Schmierenjournalismus
nicht den Mut nehmen lassen. Setzen auch Sie sich mit
uns über die eigene Betroffenheit hinaus für die Rechte
und Bedürfnisse behinderter Menschen ein. Und – bleiben Sie uns gewogen, nur zusammen sind wir stark.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Ihr
P.S. Milan Kadlec von der AG „Ambulante Dienste“ benötigt für ein Internet-Projekt, in dem verschiedene
Abläufe über Hilfestellungen im Alltag (Umgang mit
Rollstühlen, Lagerung, Mahlzeiten zubereiten usw.) fotografisch dargestellt werden sollen die Unterstützung
von behinderten Menschen. Kontakt siehe S. 65.
ABOTELEFON (0 62 43) 900 704
PARAPLEGIKER 2/10
3
inhalt
editorial
3
6
Schmierenjournalismus
forum
Christian Holz:
Überflüssig
Seite 12
Ulrike und Heinz Reichardt:
Hauptstädtische Erfahrungen
glosse
8
Dummes Zeug aus dem Flachbild-TV:
Geständnis eines faulen Hundes
kultur
10
48
Karikaturen von Barbara Früchtel
51
Karikaturen von Philipp Hubbe in Heidelberg
Seite 16
Theater ohne Hindernisse:
„Holpersteine“ kommen ins Rollen
Gefesselt und geknebelt
menschen
12
Gülay Acar:
16
Mathias:
20
Mit Lebensmut und Kompetenz:
24
Mit mobilem Sanitätshaus zum Kunden:
„Die Behinderung gehört zu mir“
Seite 26
Nach dem Zeckenbiss im Rollstuhl?
Claudia Dässel ist eine optimistische Frau
Josef Dobler
bericht
26
Bundesliga-Stadien:
58
Abmeldungen bei betreutem Wohnen:
Zu wenig Platz für Fans im Rollstuhl
Selbstständigkeit durch Zuzahlungszwang?
medizin
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Stomaträger im Internet:
42
Phantomschmerzen:
4
Selbsthilfe einmal anders
Training und Medikamente
PARAPLEGIKER 2/10
Seite 30
inhalt
q – querschnitt spezial
Seite 42
silberne Spar-Schwein:
29 Das
Provision für Kürzungen?!
Klinik Bergmannstrost in Halle/Saale:
30 BG
Moderne Medizin im Wandel der Zeit
für Darmfunktions33 Paraplegiker
Studie gesucht
ist eigentlich –
34 Was
Der „Brindley Stimulator“?
aus Patientensicht (1):
38 „Querschnitt-Tuning“
Der Brindley
technik
54
Audi A5 Sportback TDI quattro
mit VEIGEL-Technik
Praktische Eleganz
markt
46 Bauen-wohnen-renovieren:
Alle Türen offen?
60 Neuer Hebelantrieb für Aktivrollstühle
Gesunde Haut – wichtig bei MS
Seite 48
Schwenklift hilft beim Baden
61 10. cSc capp Sport cup
hilfsmittel
Hybrid Elite von Etac:
57 Sitzkissen
Das Beste aus zwei Welten
62 kleinanzeigen
Seite 54
recht
Wohnen –
63 Behindertengerechtes
Berechnungsmethoden für
Schadensersatzforderungen (2)
Kosten für Umbauten
65
66
abo
impressum
Seite 58
Titelfoto: Ulli Freitag
PARAPLEGIKER 2/10
5
forum
Christian Holz:
Ulrike und Heinz Reichardt:
Überflüssig
Hauptstädtische
Erfahrungen
Das Anliegen des Autors der Satire
im Heft 1/2010 ist m. E. das Luxusproblem eines Sensibelchens.
Wer mit dieser Absurdität den Bundestag beschäftigen will, also nach
Gesetzen kräht, leidet einfach an
einer Sonderform des Aufmerksamkeitsdefizitsyndroms, hat vulgo Langeweile und keine Ansprache.
D
ass viele Äußerungen der Kommunikation eine (Sexual-)
Zweitbedeutung haben, ist ja nun nichts Neues und trifft
nicht nur (und schon gar nicht zu deren Diskriminierung
und Sexualausbeutung (Stichwort: Williges Spiegelbild) ) die
Spastis, sondern auch die Nichtis. Seit geraumer Zeit können
ja auch die Nichtis nicht mehr fragen: „Wann kommen Sie
denn endlich?“, ohne ein Kichern zu erzeugen und auf die Frage, wie viele Eier sie habe, müsste jede junge Frau antworten:
„Schätzungsweise 500.“
Da nun aber allen klar ist, dass sich die Eierfrage an der Kasse
nicht auf die Fortpflanzung der Menschen, sondern auf das
per Selbstbedienung bemessene Lebensmittelquantum bezieht, lässt man halt vernünftigerweise die Sexualbedeutung
beiseite, damit man die Kassiererin nicht nervt und auch keinen Stau erzeugt. Die Kassiererin stellt diese zur Beschleunigung des Ablaufs verkürzte Frage schließlich x Mal täglich.
Fordern wir jetzt von den Nichtis auch noch zu prüfen, dass
ihre für einen Spasti bestimmte Aussage nur ja keine (Sexual-) Zweitbedeutung enthält, können wir auch gleich wieder
von vorn anfangen den Nichtis die Sorge, uns mit Fragen wie
„Gehen Sie heim?“ doch sicher zu misshandeln, zu nehmen.
Ich rate daher dem Autoren dieser überflüssigen Lautäußerung, sich nach tagfüllender Tätigkeit umzuschauen, dadurch
konzentriert man sich nämlich sehr schnell wieder aufs Wesentliche.
(Anm.d.Red.: Eigentlich darf die Satire nach Tucholsky alles.
Ob sie Wesentliches behandelt ist im Einzelfall Geschmackssache. Fest steht allerdings, dass sie es nicht ernst meint. Das
liegt in ihrer Natur…)
6
PARAPLEGIKER 2/10
Seit der Wende bestaunen wir vor dem
Fernsehgerät das Werden und Wachsen
unserer Hauptstadt Berlin. Es entstand
ein Wissens- und Erlebnisdefizit. Das
bezahlbare, rollstuhlgerechte Hotel mit
hilfsbereitem, kompetentem Personal
(„Mit Mensch“) fand sich in Karlshorst.
D
ie heutigen Navis sind schon Zauberdinger. Ziel einprogrammieren und ab geht es. Überhaupt nix geht mehr, wenn der
Fall eintreten sollte, dass am Stadtrand von Berlin das Navigationssystem plötzlich die Kommunikation verweigert und auf
Bildschirmfarbe Schwarz schaltet. Die Frau am Steuer schaltet
ebenso schnell von ruhiger Gelassenheit auf Sturm um. Jeder
erfahrene Ehemann weiß, dass man sich in solchen Situationen
dem Zentrum des Taifuns am besten nicht nähert.
Schuld waren ganz sicher die Russen, Türken oder Chinesen,
die so ein Pfuschgerät von ausgebeuteten indischen Kindern
in der Tschechei zusammenkleben lassen. „Hosianna“ kann
derjenige ausrufen, der noch einen alten Autoatlas im Wagen mitführt. Wie so oft im Leben ist eine Standortbestimmung hilfreich. „Wo sin mer denn? Straßennamen? Das gerade überquerte Gewässer kann nur die Spree gewesen sein!
Frisch auf! Wo wir sind, sind wir richtig! Nach einer Wende,
einem Rösselsprung mit anschließender Rochade und schon
standen wir vor unserem Hotel. Die Parkplatzsuche erwähne
ich nicht einmal am Rande.
Zum Abendessen hatte der Herbergsvater einen Griechen
empfohlen. Auf dem Rückweg sollten wir nicht versäumen,
beim Italiener einen Absacker einzunehmen. Der gute Mann
hatte recht. Berlin kann so schön sein.
Zum Kennenlernen buchten wir für den nächsten Tag eine
dreistündige Fahrt kreuz und quer durch die Metropole. Die
Veranstaltung war sehr individuell. Wir waren zu dritt. Meine
Gute, ich und der Reiseführerfahrer. Seit der Wende ist kolossal viel aufgebaut worden. Außer dem Reichstag liegen fast
alle Großartigkeiten im Osten. Von 1977-1979 hatte ich dort
in der Nähe zu tun, somit war ein Vergleich möglich. Ihr könnt
hoffentlich nachvollziehen, dass meine Chauffeurin bei den
Berliner Verkehrs- und Parkbedingungen keine große Lust
verspürte, eine Safari um und durch die hauptstädtischen
Straßenbaustellen zu veranstalten.
forum
Ein zum Rollstuhltransport geeignetes Taxi ließ sich auftreiben.
Die Fahrt von Karlshorst ins Zentrum kostet 30 €. Also: Entweder die 60 € täglichen Transport bei der Reisekostenplanung
berücksichtigen oder ein Hotel in Zentrumsnähe suchen.
Positiver Höhepunkt in Programm, Qualität, Ausstattung und
Service war der Friedrichstadtpalast. Endlich fanden wir das
gesuchte hauptstädtische Flair.
Fazit: E-Rollstuhlfahrer können bei einem Hauptstadtbesuch
viele öffentliche Verkehrsmittel in ihrem derzeitigen Zustand
nicht benutzen!
Unsere Hauptstadt sei behindertenfreundlich. Überall fanden wir die blauen Aufkleber mit dem Rollstuhlsymbol. Dass
dieses nichts weiter zu bedeuten hat, lernten wir in Bälde. Mit
S-, U- und Straßenbahn käme man überall hin...
Straßenbahn fällt für E- Rollifahrer ganz weg. U-Bahn fuhr
nicht dahin, wo wir hinwollten, deshalb keine Aussage zur
Rollitauglichkeit. Aus den S-Bahn-Plänen ist zu entnehmen,
welche Strecken und Bahnhöfe für Rollstühle geeignet sein
sollen. Sollen! Ein funktionierender Aufzug ist Grundvoraussetzung. Es stellte sich heraus, dass hauptstädtische Bahnhoflifte
offenbar das Hauptziel ansässiger Vandalen sind. Im System
des Zu- und Umsteigens zur Zielerreichung sind zwei zerstörte Fahrstühle der Supergau. Beispiel: die Anschluss- S-Bahn
fährt vom Nachbarbahnsteig. Eigentlich ganz einfach: Runter
– rüber – hoch. Dazu braucht es zwei Fahrstühle. Sollte das wie
erlebt nicht möglich sein, fährt man seiner S-Bahn entgegen
bis zu einem Bahnhof mit intakten Liftanlagen. Sollte das in
praxi nicht möglich sein, dann hilft nur, sich ein ganz anderes
Ziel herauszusuchen. Es muss ja nicht unbedingt das KaDeWe
sein. Die Hackeschen Märkte sollen auch ganz schön sein.
Leider waren bei der herrschenden Nieselregen-Wetterlage
keine ausgedehnten Rollstuhlkilometer möglich. Weiter zur
S-Bahn! Die Toleranz beim Übergang Bahnsteigkante zu Waggonboden kann unmöglich im Zentimeterbereich gemessen
worden sein. 0,3 m müssen in der Horizontalen überwunden
werden. 0,2 m in der Vertikalen, nach oben wie nach unten
stellen für einen austrainierten, einheimischen S-Bahn-Sportler kein unüberwindliches Hindernis dar. Elektrorollstühle
brauchen dazu mindestens drei Helfer!! Wen Horrorszenarien
nicht abschrecken, der braucht sich nur vorzustellen, was abgeht, wenn versucht wird, einen Elektrorollstuhl in ein schon
völlig überfülltes Abteil zu bugsieren. Zusammenfassung:
Auch die S-Bahn ist für Elektrorollstühle nicht benutzbar!
Immer wieder kommt es vor, dass uns die Post den
»Paraplegiker« mit dem Vermerk “unzustellbar“ zurücksendet.
Dann beginnen für uns zeit- und arbeitsaufwendige, vor allem
auch kostenintensive Nachforschungen, die nicht selten als
ergebnislos eingestellt werden müssen.
Darum bitten wir Sie:
dem Humanis Verlag Ihre neue- und alte Anschrift mitzuteilen.
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glosse
Dummes Zeug aus dem Flachbild-TV:
Geständnis
eines faulen Hundes
Die Redaktion warnt: Der folgende Beitrag ist ironisch gemeint, das heißt unser
Autor macht sich lustig über das saudumme Geschwätz, das ihm aus dem Fernsehkasten entgegen plärrte. In Wirklichkeit ist das ein trauriger Vorgang, schließlich
werden durch derart fragwürdige Beiträge zu einem sensiblen Thema wieder einmal große Schäden angerichtet, hier vor allem bei den oft verzweifelten Angehörigen von frisch Querschnittgelähmten. Sich über Schmierenjournalismus ernsthaft aufzuregen bringt aber nichts. Verzeihen Sie uns also unseren Sarkasmus…
Ja, ich gestehe: Ich war ein fauler Hund. Ich habe
aus meinen Möglichkeiten nichts gemacht. Dabei
hatte ich so viel Potential. Ich bin sensibel inkomplett. Das bedeutet, dass mein Rückenmark nicht
vollständig durch den Fleischwolf gedreht war, als
ich in der Querschnittklinik aufgewacht bin. Dass da
mehr gelaufen wäre, hätte ich mir vor 30 Jahren nur
einfach mehr Mühe gegeben – ja, das habe ich erst
jetzt bei „stern TV“ erfahren.
Bei Günther Jauch saß nämlich die geballte Kompetenz der „Bergeversetzer“. Zum einen der inkomplette Ex-Journalist, der inzwischen Weinberge
hochläuft, um seinem Ziel, einen Dreitausender
zu besteigen, näher zu kommen. Hauptmessage:
Man muss den Rollstuhl nur hassen, man darf sich
nicht damit abfinden sitzen zu bleiben. Vielleicht
war das mein Fehler. Ich mochte meinen Rollstuhl,
einen Sopur Ideal 1. Ich machte trotz sechs Monate
Schulpause mein Abi ohne sitzen zu bleiben. Die
Welt stand mir offen. Ich konnte studieren und hatte meine erste Freundin. Wie konnte ich mich nur so
gehen lassen mit diesem profanen Zeittotschlagen.
gegenüber dem Studiovorbild. Nach einem Jahr
Schinderei fragte ich mal nach, wann ich denn mal
Laufübungen machen könnte im Gehbarren, um
mich vorzubereiten auf das Gehen mit Schienenhülsenapparaten. „Wie willst du denn die Gehstützen
mit deinen Tetrahänden festhalten?“ war die niederschmetternde Gegenfrage, und wie das funktionieren sollte ohne Bauch und Rückenmuskulatur?
Wenn ich damals schon gewusst hätte, dass das die
billigen Ausreden eines unengagierten QuerschnittFachidioten waren! Der wahre Experte saß nun hier
bei stern TV. Ein Sportarzt, kein Rückenmarksexperte. Er erklärte Günther Jauch die Chancen und Möglichkeiten inkompletter Querschnitte. Ach so, in ein
Sportzentrum hätte ich damals gehört. Nicht zu den
durch die tägliche Praxis desillusionierten Fachleuten. Hochmotivierte Fachidioten hätten alles aus
mir rausgekitzelt. Gut, da hätte mir keiner erklären
können wie man als Gelähmter seinen Rollstuhl ins
Auto verlädt. Aber wozu auch wenn man am Ende
keinen braucht.
Aus eigener Kraft gesprungen
Schinderhannes
Nicht so der engagierte Studiogast. Er übte jeden
Tag mehrere Stunden. Er fährt dreimal im Jahr mehrere Wochen zur Kur. Einmal zahlt die Krankenkasse nur, aber was zählt schon Geld. Zumindest das
habe ich mit ihm gemeinsam. Auch ich übte jeden
Tag mit meinem privat bezahlten „Schinderhannes“.
Fünf Jahre lang, aber mit welch mickrigem Erfolg
8
PARAPLEGIKER 2/10
Die Jauch-Studiotür geht auf. Herein kommt ein weiterer inkompletter Querschnitt. Ich hätte mir „Eye of
the Tiger“ gewünscht, um die sportliche Leistung
dieses Mannes zu inszenieren. Gestützt auf einen
Rollator und ein Schienenhülsenteil einbeinig, hinkte er zu seinem Sitzmöbel. Eine kurze Werbepause
hätte der Sendung hier gut getan, denn der Weg bis
zum Sessel ist lang und die Geschwindigkeit nicht
glosse
groß. Endlich lässt er sich in die Jauch-Sitzgruppe
fallen. Blitzschnell rollt der Moderator den Rollator
aus dem Blickfeld. Wahrscheinlich muss man auch
seinen Rollator hassen, um wirklichen Willen zu entwickeln.
350 Meter schafft er schon ohne Pause. Großer Applaus. Das will er demnächst auch ohne Rollator,
nur mit Gehstützen erreichen. Ich desillusionierter
Krüppel überlege, dass das fast schon reicht, um bei
mir bis zum Kiosk zu kommen. Nur wie will er das
Bier transportieren. Und wo verstaut er das Leergut?
Ein Rucksack vielleicht? Oder ein Umhängefass wie
beim Bernhardiner Rettungshund für in Bergnot geratene?
Bei meinem ersten Kuraufenthalt in einer renommierten Reha-Querschnittklinik gab es eine strenge
Hierarchie. Da gab es einen, der nur mit dem Kopf
wackeln konnte. Er beneidete den, der noch die
Arme schlenkern konnte. Der mit den schlenkernden
Armen beneidete den, der die Finger ein bisschen
bewegen konnte. Dieser wiederum beneidete den
ganz normalen Para. Am Ende der Neidkette stand
der König der Klinik. Einer, der auf zwei Gehstützen
lief. Recht flott sogar. Ein Italiener, glaube ich. Er
ackerte wie blöde. Jeden Tag, morgens und abends.
Wir hätten alle gerne mit ihm getauscht. Eines Morgens waren alle Ausgänge ins hintere Klinikgelände gesperrt. Der Italiener hatte es geschafft. Er war
ganz oben auf dem Dach, aus eigener Kraft, über das
hohe Geländer geklettert. Hatte ohne Rollstuhl die
restlichen Meter geschafft und war gesprungen.
Wahrscheinlich hatte er sogar die Gehstützen gehasst…
Text: Ralf Kirchhoff
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kultur
Karikaturen
von
Barbara Früchtel
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PARAPLEGIKER 2/10
Ich wünschte, ich könnte …
… mit den Mädels unterwegs sein.
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an allgemein auf meine Erkrankung und Versorgung bezogenen Informationen sowie an ColoplastAngeboten und -Marktforschungsbefragungen teilhaben zu lassen und zu Werbezwecken über ColoplastProdukte und -Dienstleistungen zu informieren. Mein Einverständnis bezieht sich ausdrücklich auch
auf die Angaben zu meinen gesundheitlichen Verhältnissen. Ich erhalte die angefragten Materialien auch
dann, wenn ich diese Erklärung nicht unterschreibe. Mir ist bewusst, dass ich mein Einverständnis
künftig jederzeit ganz oder teilweise durch eine an die Coloplast GmbH, Kuehnstraße 75 in 22045
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menschen
Gülay Acar:
„Die Behinderung
gehört zu mir“
D
ie 38-Jährige türkische Psychologin Gülay Acar sitzt im Schneidersitz
in ihrem Rollstuhl. Ihre Arme sind an den
Armlehnen festgebunden, damit sie nicht
unkontrolliert in irgendeine Richtung schießen. Anna, ihre Assistentin, reicht ihr den
Milchkaffee, von dem sie ein paar Schlucke
mit dem Strohhalm trinkt. Dann erzählt sie:
von ihrer Kindheit in einer türkischen Familie
mit traditionellen Wertvorstellungen, von ihrer schwierigen schulischen und beruflichen
Entwicklung und von ihrem ständigen Kampf
um Akzeptanz.
Wenn sie redet, kann man sich ihr kaum
entziehen. Ist es ihre Offenheit, ihre Direktheit, die Dinge beim Namen zu nennen? Ihre freundliche Art, anderen mit Respekt zu begegnen? Oder ist es die Kraft,
die aus ihrer Stimme spricht, auch wenn
diese mitunter durch die Spasmen, die ihren Körper schütteln, an Volumen verliert?
12
PARAPLEGIKER 2/10
Gülay wird mit einer Infantilen Cerebralparese in der Türkei geboren. Mit sechs Monaten
holt der Vater, der Gastarbeiter in Deutschland ist, die Familie – seine Frau, seine zwei
Töchter und seinen Sohn – nach Essen. Hier
wird Gülay in der Hoffnung auf Heilung von
einem Wunderheiler zum anderen gebracht.
Doch Heilung gibt es nicht. „Der Gedanke der
Schuld wurde zu Hause immer wieder thematisiert. Meine Eltern waren davon überzeugt,
dass Behinderung etwas Schlechtes, eine Art
göttliche Bestrafung sei. Als Kind habe ich mit
dieser Sichtweise gehadert und es hat meine
Entwicklung gebremst“, erklärt Gülay, warum
es so schwierig war, ein eigenes Selbstbewusstsein aufzubauen. Am meisten habe es
sie verletzt, dass die Heiler behauptet hätten, dass sie auch nichts ausrichten könnten,
wenn das Kind nicht an Heilung glaube. Als
sie in die Pubertät kommt, rät sie ihren Eltern:
„Spart euch das Geld.“
Das Mädchen wird bis zur 10. Klasse als lernbehindert eingestuft und besucht die Sonderschule in Essen. Hier lernt sie vor allem
zusammen mit geistig- und lernbehinderten
Kindern, erhält keine spezielle Förderung
– weder in Mathematik, Deutsch noch Englisch. Sie macht zunächst den qualifizierten
menschen
Hauptschulabschluss. Doch ihre nur ein Jahr
ältere Schwester bestärkt sie immer wieder:
„Gülay, du bist nicht lernbehindert.“ Zu Hause
lernt sie den Stoff, den ihre Schwester an der
Realschule vermittelt bekommt, sie begreift
schnell und hat großen Spaß daran. Und sie
weiß: Sie will nicht in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung landen.
einem 24-Stunden-Rhythmus: Körperpflege,
Einkaufen, Essen zubereiten. Nur durch diese
Assistenz ist es ihr möglich, in einer eigenen
Wohnung zu leben. Auch beim Studium und
in der Arbeit benötigt sie Unterstützung: zum
Beispiel beim Schreiben auf dem Computer.
So stellt sie beim Kultusministerium einen Antrag auf Weiterbeschulung. Die Lehrer an der
Sonderschule raten ihr ab: „Gülay, das schaffst
du nicht!“ Doch Gülay lässt sich nicht beirren.
Um ihre Kenntnisse zu verbessern, besucht
sie aus eigenem Antrieb heraus dreimal in
der Woche die Volkshochschule. Das ist äußerst anstrengend und ohne die Schwester,
die sie immer begleitet, gar nicht möglich. Sie
holt an einer Kölner Realschule die Mittlere
Reife nach – allerdings erst im dritten Anlauf,
denn sie hat in den ganzen Schuljahren zu
viel versäumt, um sofort die Qualifikation für
die Oberstufe zu bekommen. Doch es gelingt
ihr. Das Abitur schafft sie gleich im ersten Versuch.
2004 wird sie mit ihrem Studium fertig. Doch
ihre Behinderung erweist sich als großes
Problem bei dem Versuch
eine Stelle zu bekommen.
Für viele scheint es nicht
vorstellbar zu sein, dass
in einem Körper mit einer
deutlich sichtbaren Behinderung ein intelligenter
Geist stecken kann. Niemand traut ihr wirklich zu
als Psychologin arbeiten zu
können. Um sich dennoch
praktische
Erfahrungen
anzueignen, arbeitet sie
ehrenamtlich sowohl in
Vereinen als auch an einer
Integrativen Gesamtschule
als psychologische Beraterin.
Gülay ist inzwischen schon 26 und beginnt
sofort mit dem Psychologiestudium. Sie will
einen Beruf, in dem man viel zuhören und
reden kann, in dem man möglichst nicht
schreiben muss. All diese praktischen Dinge,
die sie selbst nicht ausführen kann, erledigen
ihre sieben Assistentinnen abwechselnd in
2008 endlich bekommt sie die Möglichkeit,
ein Praktikum in einem Krankenhaus zu absolvieren. Aber wenn es darum geht, die Praktikumsstelle in eine feste Stelle umzuwandeln,
steht immer die Frage im Vordergrund, wie
wohl die Patienten auf ihre schwere Behinderung reagieren. Ob man sie als Psychologin
Bildungsweg mit Barrieren
2004 wird sie
mit ihrem Studium fertig.
Doch ihre Behinderung erweist
sich als großes
Problem bei
dem Versuch
eine Stelle zu
bekommen.
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akzeptiert. Das Glück kommt ihr ein wenig
zu Hilfe. Ein Therapeut wird krank und Gülay
muss ihn vertreten. „Mein Chef hat schnell gemerkt, dass die Patienten sich bei mir aufgehoben fühlen.“
Erfahrungsschatz
Sie bekommt eine halbe feste Stelle. Ihr wird
die Leitung einer Depressionsgruppe übertragen, in der die Patienten lernen sollen,
bewusster und selbstsicherer durchs Leben
zu gehen. „Ich versuche, Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen meinen Erfahrungsschatz nahe zu bringen, wie man mit
einer Behinderung lebt. Man kann nicht die
Gesellschaft ändern, sondern nur seine eigene Sichtweise. Man muss versuchen, dazuzugehören und den anderen die Angst vor dem
Anderssein zu nehmen.“
Dass das für sie selbst nicht immer einfach ist
und enorm viel Kraft erfordert, verschweigt
Anzeige
RL-50 Deckenlift
mit Rollstuhlaufhängung
sie nicht. „Ich bin nicht immer selbstbewusst.
Manchmal bin ich traurig. Ich weiß aber inzwischen ziemlich genau, wer ich bin. Ich
merke, ich muss viel über meine Grenzen
gehen, Stärke zeigen, um anerkannt zu werden.“ Dabei gibt es immer wieder Situationen, in denen sie auf Ablehnung stößt. „Das
sind Momente, in denen ich mich nicht ernst
genommen fühle, in denen man mir nichts
zutraut. Wenn man zum Beispiel über meine
Assistentinnen kommuniziert anstatt direkt
mit mir. Im Privaten lass ich das inzwischen
mitunter so stehen, ich bin dann einfach zu
erschöpft. Im Arbeitsleben aber weise ich
immer darauf hin, dass ICH die Psychologin
bin.“
Der Erstkontakt mit den Patienten, so berichtet sie, sei natürlich sehr unterschiedlich,
manchmal verkrampft, manchmal aber auch
locker. Auffallend sei, dass gerade türkische
männliche Patienten mitunter total verblüfft
seien, einer Psychologin mit einer Behinderung gegenüber zu sitzen, die Türkin sei und
– hier in Deutschland - sogar Türkisch spreche. „Sie geben mir mitunter das Gefühl, dass
sie mich nicht ernst nehmen. Aber dass ich
die Sprache sprechen und verstehen kann,
ist eine enorme Hilfe in der Behandlung
– und das wissen eben auch die Ärzte in der
Klinik.“
Deutsche Patienten würden sich hingegen
mitunter schämen, weil sie merken, „dass ich
eine Krankheit habe, die ihnen viel dramatischer erscheint. Sie fragen sich dann, warum sie ihre Probleme nicht bewältigen können – sie hätten doch NUR eine psychische
Erkrankung. Aber das kann man nicht vergleichen. Diesen Patienten muss ich den
Druck nehmen.“
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„Einmal“, so erzählt die Diplom-Psychologin,
„meinte eine Patientin, ich hätte doch wohl
selbst so viel mit meiner Behinderung zu
tun, da könnte ich mir doch nicht noch ihre
Behinderung antun. Mein Chef hat zu ihr gesagt: „Dann müssen Sie eben so lange warten,
bis ein anderer Therapeut frei wird.“ Gülay ist
sehr froh darüber, dass ihr Chef inzwischen
weiß, dass sie sich sehr flexibel auf Gruppen
und einzelne Patienten einlassen kann.
Die Arbeit ist hart, manchmal hat Gülay danach
das Gefühl, ausgesaugt worden zu sein. Dann
möchte sie sich nur noch zurückziehen, nichts
mehr erklären müssen. Da sie nicht immer nur
„geben“ kann, sondern selbst Kraft tanken
muss, ist es ihr wichtig, über ihre Gefühle sprechen zu können, über ihre Müdigkeit, ihre Ausgelaugtheit. „Ein Arbeitskollege zum Beispiel,
ein Psychologe, akzeptiert mich voll und ganz,
so wie ich bin – auch als Frau. Wir reden viel
zusammen. Das ist wie eine kleine Supervision
unter Kollegen. Er sagt mir oft, ich solle auf mich
selbst aufpassen.“
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„Denn mit einer Behinderung ist es problematisch, als Frau akzeptiert zu werden“, betont Gülay. Besonders schmerzt es die sympathische, allein lebende Frau, dass sie von ihren
Eltern nicht als Ganzes angenommen worden
ist. Vor allem ihre Mutter habe sie zwar bei all ihren beruflichen Plänen und ihrem Streben nach
Selbstständigkeit unterstützt. Aber den Wunsch
ihrer Tochter, so zu leben wie jede andere Frau
auch, kann sie nicht wirklich nachvollziehen.
„Diese Ängste und Sorgen und das Handeln
meiner Mutter haben mich jahrelang gehemmt
und verbittert. Sie kann nicht verstehen, dass
ich trotz dieser starken Behinderung ein glückliches und selbstbestimmtes Leben führen will.“
Gülay gesteht, dass es sie enorm viel Kraft gekostet hat, um sich selbst zu akzeptieren. Inzwischen fühlt sie sich dennoch erleichtert. Nicht
nur, weil im Oktober 2009 ihre befristete Stelle
im Krankenhaus tatsächlich in eine unbefristete
umgewandelt wurde. „Ich habe begriffen, dass
die Behinderung zu mir gehört, ich kann sie
nicht wegmachen.“
Wichtig seien in diesem Prozess die vielen Gespräche mit einer Freundin gewesen, die viele
ähnliche Probleme habe, obwohl sie nicht behindert ist. „Es hilft, die Dinge einmal aus der
Vogelperspektive zu betrachten. Das Problem,
nicht genügen zu können, haben viele Menschen, und zwar unabhängig von einer Behinderung.“
Text & Foto:
Ulrike Talmann
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Mathias:
Seit zwölf Jahren sitzt Mathias im Rollstuhl.
Hat er eine psychogene Lähmung? Eine Borreliose? Liegt es an Komplikationen nach
einer Rückenmarkspunktion? Mathias zuckt
mit den Schultern, er weiß es wirklich nicht.
V
or über zehn Jahren hatte er tatsächlich
einmal einen Zeckenbiss. Und irgendwann
danach hatte er eine große rote Stelle auf seiner Haut wahrgenommen. Eine Zeitlang später
bekam er Fieber, Gesichtsfeldausfälle und er
nahm plötzlich 30 kg ab. Alles eine Folge des
Zeckenbisses? Möglich. Um mehr herauszufinden, wurde das Rückenmark punktiert, eine so
genannte Lumbalpunktion durchgeführt. Wäh-
Mathias.
16
PARAPLEGIKER 2/10
rend die Spritze in seinen Rücken
gestochen wurde, hatte
er plötzlich das
Gefühl, ein Nerv zwischen Wirbelsäule und Füßen würde wie eine Gitarrensaite vibrieren. Danach reißt sein Film ab. Als Mathias wieder klar
denken kann, hat er kein Gefühl mehr in den
Beinen, kann nicht mehr laufen und fällt in ein
tiefes Loch. „Zwei Jahre lang bin ich so gut wie
gar nicht aus dem Haus gegangen“, beschreibt
er still, „und auch heute weiß ich oft nicht, warum ich lebe.“
Die Ärzte spielen für den Fortgang der Handlung offenbar keine positive Rolle, jedenfalls
nicht in Mathias’ Erinnerung. Ein Labor-Ergebnis der Rückenmarkspunktion kennt er nicht,
das Nervenwasser soll irgendwie abhanden
gekommen sein. Vor einer erneuten Punktion
hat er verständlicherweise panische Angst. Er
soll lernen, die Behinderung zu akzeptieren,
bekommt Psychopharmaka und Gesprächsangebote. Andererseits gehört es nicht zu seinen
Stärken, sich konsequent um Diagnostik und
Therapie zu kümmern. Einmal hat er einen Versuch gemacht. Damals wohnte er noch in Potsdam, wo er aufgewachsen war. In Hildesheim
fand eine junge Potsdamer Ärztin einen Borreliose-Spezialisten, der eine Intensivtherapie mit
ihm machen wollte. Mehrmals war Mathias zur
Behandlung dort, dann verweigerte die Krankenkasse weitere Zahlungen, weil die Praxis so
weit entfernt lag. Kurz entschlossen zog er nach
Hildesheim um und ließ sich weiter behandeln.
Aber die Therapie konnte weder die Lähmung
beseitigen noch zweifelsfrei die Ursache klären.
Psychogene Lähmung? Borreliose? Komplikation nach Lumbalpunktion? Kann eine Lumbalpunktion überhaupt eine Querschnittlähmung
auslösen? „So etwas kann natürlich passieren“, erklärt der Berliner Schmerzspezialist
Dr. Jan-Peter Jansen, „das ist zwar extrem
selten, aber auf alle Fälle denkbar“. Mathias zuckt mit den Schultern.
menschen
Endlich ein Lächeln
Nach Nordstrand hat es ihn wegen des neuen Jobs seiner Freundin verschlagen. Die Insel
wäre gut geeignet für Touren mit dem Handbike. Aber das ist leider nicht mehr drin. Erstens
kann er sich kein Handbike leisten: die finanzielle Situation ist eng, wenn man vom Einkommen
der Freundin plus 200 EURO Grundsicherung
leben muss. Zweitens hat er ein ImpingementSyndrom entwickelt, eine schmerzhafte Überlastungsreaktion im Schultergelenk. Also dreht
er seine Runden mit dem 6 km/h-langsamen
Elektrorollstuhl. Immerhin hat er hier auf der
Insel einen Hausarzt gefunden, der sich noch
einmal auf die Suche nach der Ursache für die
Lähmung machen will. „Wenn ich weiß, was eigentlich mit mir los ist, kann ich endlich wieder
anfangen, mir etwas vorzunehmen“, sagt er und
lächelt endlich mal. Er verrät, dass er eines Tages
Kinder haben möchte – und strahlt.
Borreliose – harmlos oder ernst?
Dr. med. Carsten Nicolaus vom Borreliose Centrum Augsburg erklärt es so: „Wenn es um Borreliose geht, gibt es zwei Sorten von Ärzten. Die
größere Gruppe hält eine Borrelien-Infektion für
eine Bagatellerkrankung, die leicht zu diagnostizieren und zu behandeln ist. Ich selbst gehöre
zur Minderheit. Ich halte die Erkrankung auf
Grund meiner Erfahrungen aus Klinik und Praxis
häufig für bedrohlich und sehr ernst.“ Dr. Nicolaus berichtet von schweren Krankheitsverläufen, die jedes Organsystem betreffen können. Er
erzählt aber auch sehr offen von unnötig langen
Krankengeschichten. Ein typischer Leidensweg
kann so aussehen: Der Patient bemerkt weder
Zeckenbiss noch Wanderröte, sondern sucht
den Hausarzt beispielsweise wegen einem
schmerzenden,
geschwollenen
Kniegelenk auf. Die ersten Tests
ergeben keine Auffälligkeiten, der
Patient ruht sich eine Zeitlang aus
und fühlt sich trotzdem krank. Als
nächste Stufe wird ein Orthopäde
eingeschaltet. Dieser stellt vielleicht
Verschleißerscheinungen im Kniegelenk fest und hält diese für die
Ursache der Beschwerden. Der Patient hat weiter Beschwerden, vielleicht fühlt er
sich sogar zusätzlich müde oder psychisch labil.
Wie bei einem Pingpongspiel wird er von Arzt
zu Arzt geschickt, bis er beginnt, an sich oder an
den Ärzten zu zweifeln. Der nächste Schritt ist
leider häufig der Verdacht, dass seine Schmerzen psychosomatisch bedingt sind.
„Wenn ich weiß,
was eigentlich mit
mir los ist, kann ich
endlich wieder anfangen, mir etwas
vorzunehmen“...
Die Patienten, die in die Augsburger BorreliosePraxis kommen, können häufig seit Monaten
oder Jahren nicht mehr arbeiten. Ihre Beschwerden sind vielfältig, Dr. Nicolaus spricht von
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Nordstrand
einem Katalog, der 150 bis 180 verschiedene
Beschwerden umfasst. Viele seiner Patienten
haben von anderen Ärzten schon Diagnosen
wie Multiple Sklerose, Chronic-Fatigue-Syndrom oder Arthrose bekommen. Manche sitzen
im Rollstuhl, andere haben ständig Schmerzen.
Bei vielen ist die Borreliose chronisch geworden. „Diese Menschen durchleben ein echtes
Martyrium“, berichtet Nicolaus, „denn sie haben
nicht nur körperliche oder mentale Beschwerden, sondern leiden auch daran, dass sie keine
zuverlässige Diagnose erhalten oder ihre Erkrankung nicht ernst genommen wird“.
Aber selbst
bei Patienten,
die schon vor
Jahren infiziert
wurden, sieht er
oft noch Besserungen. Kern der
Behandlung
ist eine langfristige Antibiotikagabe.
18
PARAPLEGIKER 2/10
Am besten lässt sich die Infektion seiner Erfahrung nach frühzeitig behandeln. Aber selbst
bei Patienten, die schon vor Jahren infiziert
wurden, sieht er oft noch Besserungen. Kern
der Behandlung ist eine langfristige Antibiotikagabe. Weitere Maßnahmen sind oft eine
Schmerztherapie, eine Behandlung depressiver
Verstimmungen oder Physiotherapie. Außerdem brauchen fast alle Borreliose-Patienten
Nahrungsergänzungsmittel, um die durch die
lange Krankheit entstandenen Defizite an Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen
wieder aufzufüllen.
Allerdings kostet die Behandlung bei Dr. Nicolaus Geld, er hat eine Privatpraxis. Seine Kassenzulassung hat er vor ein paar Jahren zurückgegeben, als er immer mehr von Regressen
bedroht war. Um diese Fakten zu verstehen,
muss man wissen, dass Kassenärzte zu einer
wirtschaftlichen Verordnungsweise verpflichtet
sind. Als unwirtschaftlich gilt, wer mehr Medikamente verschreibt als der Durchschnittsarzt.
Solchen Ärzten wird ein Regress angedroht: die
Zahlung der überdurchschnittlich hohen Kosten für die Medikamente seiner Patienten. Wer
Borreliose-Patienten mit Langzeitantibiotika
behandelt, der verursacht der Krankenversicherung höhere Kosten als seine Kollegen. Einige
Ärzte, die sich auf Zeckenkrankheiten spezialisiert hatten, stehen oder standen deshalb vor
der Pleite. „In dieser Situation konnte ich mich
nur entscheiden, entweder keine BorrelioseKranken mehr zu behandeln oder sie nicht so
zu behandeln, wie ich es richtig finde. Oder
eine Privatpraxis zu eröffnen“, erklärt Dr. Nicolaus. Immerhin übernehmen die Krankenkassen
dann doch bei jedem dritten Kassenpatienten
die Behandlungskosten. Der Arzt legt Wert darauf, dass nicht in jedem Fall Hoffnung auf Heilung gemacht werden kann. Ihm geht es eher
darum, dass die Borrelien-Infektionen endlich
ernst genommen werden.
„Ich hatte noch nie eine Zecke“
Es gibt leider oft Zeckenbisse, die unbemerkt
ablaufen: Man streift die Zecke beim Vorbeigehen oder –rollen von Grashalmen oder Büschen
ab. Das muss nicht im Unterholz sein, auch im
Garten oder Park gibt es Zecken. Auf der Außenseite der Hose wird die Zecke nach Hause
getragen, sodass sie beim abendlichen oder
morgendlichen Duschen nicht gefunden wird.
Die genügsamen Tiere überleben lange auf
der Hose, wo ihr Geruchssinn sie in Richtung
Schrittbereich treibt, ins Innere der Hose also.
Beim nächsten Anziehen der Hose sticht sie zu.
Auch das bleibt oft unbemerkt, da Zecken vor
dem Saugen Speichell in
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der eine betäubende Substanz
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menschen
Mit Lebensmut und Kompetenz:
Claudia Dässel
ist eine
optimistische Frau
Claudia Dässel hat eine ausgesprochen
positive Ausstrahlung, dazu passt der überzeugende Optimismus der Rollstuhlfahrerin.
Selbstverständlich ist das sicher nicht, denn
die junge Frau hat schon allerhand Unangenehmes und Schmerzhaftes erlebt.
Überzeugend positiv:
Claudia Dässel.
benstraße erfasst und schwer verletzt worden,
Folge war unter anderem eine Querschnittlähmung im Lendenwirbelbereich.
Dr. Oliver Meier, Chefarzt der Skoliose in der
WWK, der mit seinem hochqualifizierten und
spezialisierten Team die etwa sechsstündige
OP durchgeführt hat: „Was wir dort vorgefunden haben, sehe ich glücklicherweise eher
selten. Da ist zum Beispiel aus Gründen, die
ich nicht verstehe, ein nicht zu definierender
Fremdknochen eingesetzt worden, und eine
abgebrochene Schraube haben wir auch entfernt. Offensichtlich ist eine Metall-Stabilisierung entfernt worden, worauf die abgebrochene Schraube hinweist.“
Chefarzt
Dr. Oliver Meier
von der WernerWicker-Klinik in Bad
Wildungen-Reinhardshausen.
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ur Zeit lebt Claudia Dässel im sehr schönen Einfamilienhaus ihrer Eltern in Niederkrüchten an der niederländischen Grenze.
Dies deshalb, weil im Januar eine sehr aufwändige Operation in der Werner-Wicker-Klinik (WWK) in Bad Wildungen-Reinhardshausen durchgeführt worden ist. Notwendig war
diese OP wegen jahrelanger und oft extrem
starker Rückenschmerzen, bedingt durch
Probleme nach einem Unfall 1995 und der
danach offensichtlich schlecht durchgeführten OP mit unqualifizierter Nachbehandlung.
Bei dem Unfall war die damals 15jährige von
einer Autofahrerin auf einer ländlichen Ne-
20
PARAPLEGIKER 2/10
Nach der OP in der WWK hatte Claudia Dässel
dann keine Schmerzen mehr, ist aber durch
wechselseitiges Tragen von Mieder und Korsett – welche in der Reha nach dem Unfall gar
nicht verordnet worden waren – noch voraussichtlich mehrere Monate in ihrer Mobilität
stark eingeschränkt und deshalb jetzt besonders auf die Hilfe ihrer Eltern angewiesen.
Unverständlich ist, dass es von der Versicherung der Unfall-Verursacherin lediglich eine
eher geringe einmalige Abfindung gab. Dies
deshalb, weil die Schuldfrage seinerzeit vom
Gericht nicht eindeutig geklärt werden konnte. Daraus ergibt sich eine schlechte Versor-
menschen
gungssituation von Claudia Dässel, die auch
dadurch sichtbar wird, dass sie immer noch in
dem inzwischen 15 Jahre alten Rollstuhl aktiv ist, der in der Erstklinik verordnet wurde.
Der einmal genehmigte Zweitrollstuhl wurde
so schlecht angepasst, dass er nicht genutzt
wird.
Lob an Unterstützer
Nach ihrem Unfall hat Claudia Dässel weiter
das Gymnasium besucht und ihr Abitur mit
dem großen Latinum gemacht. „Ich war und
bin meinen Schulkameraden sehr dankbar dafür, dass sie mich wirklich enorm unterstützt
haben.“ Nur dadurch – so betont Claudia Dässel – war es ihr möglich, die sechsmonatige
verletzungsbedingte Fehlzeit auszugleichen
und ihr Abitur mit ihrem Jahrgang zu machen. Ein besonderes Lob gilt auch der Stadt
Wegberg, die innerhalb weniger Monate das
Gymnasium barrierefrei gestaltet hat, bis hin
zur Installation eines Aufzugs: „Vom Schulleiter bis zum Bürgermeister haben sich alle voll
dafür eingesetzt, dass ich weiter ganz normal
am Unterricht teilnehmen konnte.“
Anschließend wurde an der Fachhochschule in
Mönchengladbach studiert mit dem DiplomAbschluss „Sozialarbeit“ und „Sozialpädagogik“.Seit 2005 arbeitet die junge Frau halbtags
als Beraterin und Vermittlerin von Selbsthilfe-
Gruppen aller psychischen-, physischen und
Suchtbelastungen. Dies bei der „SelbsthilfeKontaktstelle Krefeld“ in der Trägerschaft des
Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, hauptsächlich in Krefeld und Umgebung. So hilft
sie bei der Gründung von Selbsthilfegruppen
und deren Öffentlichkeitsarbeit, beispielsweise auf Messen und Ausstellungen, sie organisiert Veranstaltungen und spezielle Thementage, fördert die Zusammenarbeit mit Ärzten
und Fachleuten und vertritt die Selbsthilfe in
den dafür infrage kommenden öffentlichen
Gremien. Dazu arbeitet die aktive junge Frau
als „geringfügig Beschäftigte“ in der Reha-Beratung im „Maria-Hilf“-Krankenhaus in Krefeld. In Verbindung dazu auch noch bei „Reha
Krefeld GmbH“.
Fitness und Freunde
Claudia Dässel geht in ihrer Arbeit voll auf.
Sie berät beispielsweise auch Patienten und
deren Angehörige über die Möglichkeiten einer ambulanten oder stationären Anschlussheilbehandlung, die nötige Beantragung
wird sofort durchgeführt: „Um eine nahtlose
Therapie zu ermöglichen, halte ich bis zur
Genehmigung einen engen Kontakt zu den
behandelnden Ärzten, den Krankenkassen,
den Rentenversicherungsträgern und den
Rehakliniken im gesamten Bereich von Nordrhein-Westfalen.“ Darüber hinaus bleibt we-
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... dass sie immer
noch in dem inzwischen 15 Jahre alten
Rollstuhl aktiv ist,
der in der Erstklinik
verordnet wurde.
menschen
Claudia Dässel im Interview
? Was ist Dein größter Wunsch:
! Ich möchte weiter in meinem Beruf erfolgreich arbeiten und eine Familie mit
Kindern haben.
? Wie wichtig ist für Dich eine Partner-
Menschen habe und ich den Tag in netter
Gesellschaft romantisch ausklingen
lassen kann.
? Was hältst Du für Deine größte Macke:
! Andere weisen schon mal auf das Chaos
auf meinem Schreibtisch hin. Ich sehe
das anders, denn nur ein Genie beherrscht das Chaos.
schaft:
! Das gehört absolut selbstverständlich
zu meinem Leben.
? Was macht für Dich einen Tag so
Mit Mutter
Mechthilde Dässel
und Stiefvater
Gunnar Mitzner im
eigenen Garten.
!
richtig schön:
Schön ist ein Tag für mich, wenn ich früh
aufstehe, rausrolle, viele Sachen erlebe
und erledige, positive Kontakte zu netten
? Was würdest Du mit einem Lottoge!
winn von sechs Millionen machen:
Dann würde ich mir barrierefreie Häuser
in sonnigen Regionen bauen lassen und
einen Audi A6 kaufen.
nig Zeit für die Durchführung besonderer organisierter Interessen. An Sport steht – neben
Reha-Maßnahmen – hauptsächlich etwas Training mit Fitnessgeräten an, gelegentlich auch
Ausfahrten mit dem Rollibike im schönen
deutsch-niederländischen Grenzraum, den
man in dieser landwirtschaftlich geprägten
Region gar nicht mehr als Trennung zwischen
zwei Staaten erkennt.
Daneben pflegt Claudia Dässel gute Kontakte
zu vielen Freunden und Bekannten: „Meine
abendlichen Telefonate dauern schon mal
länger als eine Stunde.“ Sie besucht gerne
Rockkonzerte und liebt es, in ihrem Urlaub zu
verreisen. Immerhin war sie schon mal mit ihren ebenfalls sehr naturliebenden Eltern – die
Mutter hat als Krankenschwester gearbeitet,
der Stiefvater ist selbstständiger Fotograf – in
Kanada und schwärmt von der riesigen Weite
dieses Landes.
Alles in allem ist Claudia Dässel eine wirklich
sehr zufriedene und lebensbejahende junge
Frau, die sich ihres Lebens und ihrer wichtigen
gemeinnützigen Aufgaben freut. Die auch in
der Lage ist, mit ihrem Einkommen ein selbstbestimmtes Leben zu führen nach dem Motto
„selbst optimistisch sein und diesen Optimismus anderen vermitteln.“
Text & Fotos:
Hermann Sonderhüsken
22
PARAPLEGIKER 2/10
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menschen
Mit mobilem Sanitätshaus zum Kunden:
Josef Dobler
Moderne Sanitätshäuser definieren sich als Gesundheitsdienstleister, bieten OnlineBestellmöglichkeiten, haben
moderne Ausstellungsräume
und Marketingstrategien,
vielleicht sogar eine eigene
Zeitschrift. So gesehen ist das
Sanitätshaus von Orthopädiemechaniker Josef Dobler hoffnungslos unmodern.
Die Gehschule
soll da stattfinden, wo man lebt
– zum Beispiel auf
dem Bauernhof.
Doblers Jeep
CJ-5 – mit
Corvette-Motor,
Unimog-Achsen
und Automatikgetriebe.
Geländewagenrennen
– auch mit Beinprothese
kann man dieses Hobby
ausüben.
24
PARAPLEGIKER 2/10
S
ein Laden ist so klein wie möglich, seine
Werkstatt befindet sich in einem Transporter. Der „Orthosepp“, wie er sich selbst
nennt, hat gegenüber seinen großen Wettbewerbern allerdings einen Vorteil: Er muss nicht
darauf warten, dass die Kunden es schaffen, in
seinen Laden zu kommen. Er fährt selbst auf
Kundenbesuch. Beim Kunden daheim in der
Küche nimmt er Gipsabdrücke, repariert Orthesen oder passt Prothesen an.
Dobler ist mit Sicherheit ein ungewöhnlicher
oder unangepasster Orthopädiemechaniker.
Unprofessionell ist er allerdings nicht! Er hat
seit 1994 einen Meistertitel („den besten, Notenschnitt – 1,46!“), hat seine Firma seit ein
paar Monaten nach DIN ISO 9001 zertifiziert
und arbeitet mit denselben Zulieferfirmen
wie andere Sanitätshäuser – von Otto Bock bis
Medi und von Bauerfeind bis Neuhof. Wie alle
anderen muss auch er scharf kalkulieren: Die
Preise für orthopädische Hilfsmittel wurden
seit Jahren nicht der wirtschaftlichen Entwicklung angepasst, teilweise sind sie rückläufig.
Der Bundesinnungsverband für Orthopädie-Technik warnte kürzlich, dass in den Betrieben alle Rationalisierungsmöglichkeiten
ausgeschöpft seien, sodass weitere Preissenkungen im Bereich der Hilfsmittel- oder Rehamittelversorgung in Zukunft zu Qualitätsverschlechterungen führen würden. Die meisten
Sanitätshäuser suchen längst nach Wegen,
neben Patienten mit Rezepten auch selbst
menschen
zahlende Kunden anzuziehen. Sportartikel,
Mode-, Wellness- und Kosmetikangebote sollen Sportler und Gesundheitsbewusste in die
„Gesundheitshäuser der Zukunft“ locken.
Dobler hat seinen eigenen Weg gefunden,
die Kosten seiner Firma zu senken. Eigentlich
bräuchte er gar keinen Laden. Er hat trotzdem
einen, den kleinsten, der zu haben war. Gegenüber den Krankenkassen muss er nämlich
dieselben Bedingungen erfüllen wie seine
großen Kollegen. Um seine Kassenzulassung
zu behalten, muss er einen Laden besitzen,
der auch noch dauernd besetzt ist. Für seinen
Alltag wäre das nicht wirklich nötig. Er kommt
aus Großkarolinenfeld, einem Dorf zwischen
München und Chiemsee. Sein Einzugsgebiet
ist Süddeutschland, am liebsten fährt er in
die Orte rund um München. Notfalls würde
er auch weiter fahren. Seine Kunden sind vor
allem Menschen mit Beinprothesen. Da lag es
nahe, die Kunden aufzusuchen, die nicht oder
nur schlecht laufen können.
Auf Hausbesuch fährt er beispielsweise, wenn
ein Prothesenschaft nicht mehr richtig passt,
weil der Kunde 10 kg zu- oder abgenommen
hat. Bei so großen Volumenschwankungen
muss man einen neuen Schaft beantragen,
kleinere Unterschiede lassen sich oft durch
Polsterungen oder Erweiterungen des Schaftes
lösen. Solche Kunden haben es immer eilig –
und sie sind zwangsläufig schlecht zu Fuß. Der
mobile Orthopädiemechaniker erspart ihnen
also die Taxikosten oder den Aufwand, einen
Transport privat zu organisieren. Zeit spart er
auch. Die Krankenkassen könnten sich über
diesen Extra-Service eigentlich freuen und ihn
entsprechend honorieren. Die Realität sieht
anders aus: Dobler erhält weder Fahrtkosten
noch sonstige Zuschüsse für seine mobile
Werkstatt.
Beim Aufbau der mobilen Werkstatt kam dem
Orthopädiemechaniker sein Hobby zu gute. In
seiner Freizeit fährt er Geländewagenrennen.
Dazu braucht man, ganz wie berühmtere Rennfahrer auch, einen Werkstattwagen. Der Umgang
mit Notstrom, Druckluft, Spannungswandlern
und Reservebatterien ist für ihn deshalb alltäglich. Im Rallyesport müssen die elektrischen
Werkzeuge natürlich auch funktionieren, wenn
es dunkel ist und kein Stromanschluss in der
Nähe ist. Verglichen mit diesen Anforderungen
ist die Arbeit vor Ort bei seinen Kunden in Bayern
eine Kleinigkeit.
Für den Orthopädiemechaniker ist die technische
Herstellung einer passenden Prothese heute kein
großes Problem. Der Hauptaufwand besteht für
ihn in Wirklichkeit darin, die Bürokratie zu erledigen. Jeder Antrag muss korrekt ausgearbeitet
bei der Krankenkasse gestellt werden. Abgelehnte Anträge sind häufig, Kostenvoranschläge
müssen ausgearbeitet und korrigiert werden.
Für den Orthopädiemechaniker
ist die technische
Herstellung einer
passenden Prothese heute kein
großes Problem.
Der Hauptaufwand besteht für
ihn in Wirklichkeit
darin, die Bürokratie zu erledigen.
Vielleicht sind die Hausbesuche, die Dobler mit
seiner mobilen Werkstatt durchführt, ein kleiner
Ausgleich für diese lästigen Bürotätigkeiten. Begeistert berichtet er beispielsweise davon, dass
er mit seinen Kunden auch gleich übt, die neuen Prothesen zu nutzen. Bei Bedarf holt er sich
Unterstützung durch ein Therapeutenteam. Und
bei der Wahl der Trainingsorte orientiert er sich
an den häuslichen Gegebenheiten. Eine Bäuerin
wollte beispielsweise daheim in ihrem Kuhstall
üben, mit der Prothese zu laufen. Dem Orthopädiemechaniker hat es ganz offensichtlich Spaß
gemacht.
Info: Ein Video vom Gehtraining im Kuhstall findet sich auf www.orthosepp.de.
Text: Ruth Auschra
Fotos: Dobler
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Bundesliga-Stadien:
Zu wenig Platz für
Wohl dem, der eine Dauerkarte hat. Doch die zu bekommen ist schwierig. Hunderte Rollifahrer stehen auf den Wartelisten der Fußballklubs.
Dabei gibt es eine gesetzliche Vorschrift, dass ein Prozent der deutschen Fußballstadien den behinderten Fans vorbehalten sein muss. Es
handelt sich um eine bindende Verordnung, an die sich alle Betreiber
von Fußballstadien halten müssen – sie tun es aber nicht…
D
er ehemalige Steiger Ulli Freitag ist
glücklich: Er hat seit 16 Jahren ein Saisonticket und genießt die Annehmlichkeiten
der (zum Teil) barrierefreien Arena in Gelsenkirchen. Ohne Hindernisse rollt er vom Parkplatz zu seinem Platz im Stadion. Ulli Freitag, der durch einen Arbeitsunfall gelähmt
ist, setzt sich aktiv für Behinderte ein. Auch
gehörte er zu den wenigen auserwählten
Rollstuhl fahrenden Schalke-Fans, dessen
Meinung beim Bau der Arena im Jahr 2001
zählte. Doch leider wurde sein Anliegen nach
mehr Plätzen für Behinderte ignoriert. „Zwar
wurden wir gefragt, doch leider wurden nicht
alle unsere Wünsche berücksichtigt, dabei
wären die Baukosten des Stadions vermutlich nicht einmal gestiegen“, so Freitag. „Aber
bei den meisten Bundesligavereinen besteht
das Problem der umkämpften Plätze, nicht
nur bei den Rollifahrern.“
Dennoch kümmert sich Schalke 04 sehr um
seine behinderten Fans. „Ein Shuttleservice holt sie vom Bahnhof ab und bringt sie
zum Stadion. Auch gibt es organisierte FanFahrten in einem behindertengerechten Bus
zu interessanten Fußballspielen“, so Freitag.
Auch kann man sich, wie bei allen Bundesligaspielen des Landes an die jeweiligen
Behinderten-Beauftragten wenden, die bei
auftauchenden Problemen zur Verfügung
stehen und versuchen Hilfestellung zu leisten.
Bei Schalke 04 ist es der ehemalige Pfarrer
Jochen Dohm, der den Rollifahrern mit Rat
und Tat zur Seite steht. Er ist gleichzeitig
auch Vorsitzender der BBAG, der Organisation behinderter Fans in Deutschland. An die
kann sich jeder wenden, sollte er Fragen zu
26
PARAPLEGIKER 2/10
bericht
Fans im Rollstuhl
den Vereinen, Spielen, Aktivitäten sowie dem
ganzen Drumherum benötigen. „Mit Pfarrer
Dohm zusammen löse ich die meisten Probleme“, sagt Freitag. „Wichtig zu wissen ist
noch, dass nicht in Anspruch genommene
Dauerkarten bei Schalke 04 nie verfallen. Ich
gebe in der Saison ungefähr fünf Karten pro
Saison zurück, die wiederum anderen behinderten Fans zugutekommen.“
Die BBAG hat sogar einen, von der Bahn gesponserten Reiseführer für behinderte Fußballfans herausgegeben. Hier sind Informationen aus den Städten, deren Vereine in der 1.,
2. und 3. Bundesliga spielen, zusammengetragen worden, damit behinderte Fans sowohl
einen unbeschwerten Stadionaufenthalt als
auch alle weiteren Aspekte des Fan-Lebens in
der jeweiligen Stadt genießen können.
Walter Neuss (Name gerändert) geht es nicht
so gut wie Ulli Freitag. Der Achtundfünfzigjährige ist seit sieben Jahren auf den Rollstuhl
angewiesen, weil sich seine Gelenke langsam
versteiften. Das hat sein Leben auch als Fan
verändert. Seit seiner Kindheit betrachtet
Neuss Schalke 04 fast wie seine Familie. Er
weiß alles über seinen Verein und besaß früher eine Dauerkarte. Aber jetzt ist er außen
vor. In seinen Tagträumen hört er die Fans
singen und sieht die Spieler einlaufen. Trä-
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nen steigen ihm in die Augen, denkt er an
die Zeiten, wo er live die Stimmung in dem
Schalke-Stadion erleben durfte. Jetzt ist ihm
der Kampf ums Ticket zuwider. Anrufen und
betteln um eine Karte mag er nicht mehr. Er
ist etwas enttäuscht von dem Verein, der es
nicht schafft, genügend Rollstuhlplätze einzubauen. Da Walter Neuss auf das StadionErlebnis nicht ganz verzichten möchte, hat
er sich eine Ersatzdroge zugelegt. Er besucht
alle vierzehn Tage einen Zweitligaverein in der
Nachbarstadt und hat auch da seinen Spaß.
Zwar ist die Stimmung da nicht ganz so wie
auf Schalke. Wenn er dort in der ersten Reihe
und familiären Atmosphäre seinen Favoriten
zujubelt, vergisst Walter Neuss die Sehnsucht
nach seiner großen Liebe Schalke 04.
Tricksen unerwünscht
Für die Gelsenkirchener Arena gehen beispielsweise nur 0,15 Prozent aller Karten an
Rollstuhlfahrer. Das passt ins Gesamtbild: In
allen Stadien der ersten und zweiten Bundesliga gibt es insgesamt 2 800 Rolli-Plätze.
Häufig wurde die Ein-Prozent-Quote schon
beim Bau ignoriert. In vielen Stadien herrscht
Kartenknappheit – und die Rolli-Plätze müssen aus sozialen Gründen günstig abgegeben
werden. 13 €, inklusive Begleitperson, muss
der behinderte Fußballfan bezahlen. Ein Roll-
bericht
stuhlfahrer beansprucht drei bis vier Plätze,
die für 50 € verkauft werden könnten. Für die
Vereine ein Verlustgeschäft.
98 Fans im Rollstuhl können die Heimspiele
der Königsblauen genießen. Davon besitzen
sechzig Dauerkarten, zehn Tickets bekommen
die Fans des Gästeteams. Sind also nur noch
achtundzwanzig freie Karten übrig, die häufig
unter der Hand verteilt werden, so dass der
Rollstuhl fahrende Fan wenig Chancen hat.
Diese Zahlen gelten nicht nur für die Schalker.
In den Bundesliga-Arenen sind so
ziemlich alle Plätze in den Händen der Dauerkartenbesitzer.
Kein Wunder, dass dieses
Thema die Rollstuhlfahrer erhitzt. Schließlich
sitzen in Deutschland
800 000 Menschen im
Rollstuhl und es werden, aufgrund der demografischen Entwicklung, immer mehr.
„Bei dieser
Verordnung handelt es sich um ein bindendes Gesetz, woran
sich auch die Betreiber
von Fußballstadien
halten müssen“ Beim FC Schalke 04 bestrei-
tet man, dass Geldgründe für
das Kartendefizit vorliegen. „Wir
versuchen es jedem recht zu machen“, so der
Geschäftsführer Peter Peters. „Da aber in jeder
Kartenkategorie eine Übernachfrage besteht,
können wir es nicht jedem recht machen.“
Damit machen es sich Klubs wie Schalke
wohl zu leicht, berichtete das WDR-Magazin
„sport inside“. In vielen Bundesländern gibt
es die so genannte „Muster-Versammlungsstättenverordnung“. Auch in Nordrhein-Westfalen schreibt sie vor: Ein Prozent der Plätze
in Versammlungsstätten müssen für Rollis
zugänglich sein. Jan Hoffmann, Referent des
Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, kritisiert, dass
die Klubs diese Quote allesamt ignorieren.
„Bei dieser Verordnung handelt es sich um
ein bindendes Gesetz, woran sich auch die
Betreiber von Fußballstadien halten müssen“,
so Hoffmann. Die Verstöße sind aus seiner
Sicht erheblich. Wahrscheinlich hätten die
Landesregierungen beide Augen zugedrückt.
Hoffmann würde sich wünschen, dass die
28
PARAPLEGIKER 2/10
Rollstuhlfahrer eine Musterklage inszenieren,
damit die Klubs reagieren. Aber dafür sind
die behinderten Fans zu zurückhaltend, weil
sie fürchten, dass dadurch schwer erkämpfte
Errungenschaften wieder verloren gehen
könnten. Sie tun sich verständlicherweise
schwer, bei diesem Thema Druck auf die Vereine auszuüben.
Viele Rollifahrer leiden doppelt: Früher – nicht
behindert – waren sie noch gern gesehener
Teil der Kurve, heute sind sie außen vor. Nur
im Fernsehen können die meisten Spiele noch
mit verfolgt werden. Wer eine Dauerkarte hat,
kann sich glücklich schätzen. Doch die zu bekommen ist schwierig: Hunderte Rolli-Fahrer
stehen auf den Wartelisten der Klubs. Einen
freien Platz gibt es fast nur dann, wenn sein
Vorbesitzer verstirbt. Mancher Rollstuhl fahrende Fan greift in seiner Verzweiflung zu einer List und gibt sich als Fan des Gegners aus,
um so ein Ticket aus dem Auswärtskontingent zu ergattern. „Es ist getrickst“, sagt Helge Maurer. Helge ist Fan vom VFL Wolfsburg.
„Ich habe aber keine andere Wahl, wenn ich
irgendwo in Deutschland ein Fußballspiel besuchen möchte.“ Ihm als Rollstuhlfahrer ist es
finanziell nicht möglich, sich teure Tickets im
Internet zu ersteigern. Also blüht der illegale
Schwarzmarkt, der aber zusammenbrechen
würde, wenn es jeder so handhabt.
Text: Heike Stüvel
Foto: Ulli Freitag
Infos:
Internet-Portal f. behinderte Fans:
www.behinderte-aufschalke.de
BBAG - Bundesbehindertenfanarbeitsgemeinschaft
www.bbag-online.de /
www.behindertefans.de
eMail: [email protected]
Postanschrift:
BBAG e.V.
Jochen Dohm
Freiligrathstr. 23
45881 Gelsenkirchen
q – querschnitt spezial
Das silberne Spar-Schwein:
Provision für Kürzungen?!
Man staunte nicht schlecht bei einer Firma, die Menschen mit Handikap mit „zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln“ versorgt und die Kosten dafür mit den Krankenkassen abrechnet. Landete doch auf dem Schreibtisch der Firma Hilfsmittel Komplett (Name geändert) eine Abrechnung
der Firma OTOP an die AOK Schleswig-Holstein, die ausgerechnet auch noch sie selbst betraf.
Dass es dabei
um die rigorose Kürzung von
Versorgungsmengen für ärztlich verordnete Inkontinenzprodukte ging ist schon aus Datenschutzgründen mehr als bedenklich. Denn um
solche Überprüfungen zu veranlassen, muss die
Krankenkasse persönliche Daten ihrer Mitglieder
an eine Fremdfirma weiterreichen. Nur mit Name
und Anschrift des Patienten geht das nicht und auf
jedem Rezept steht u.a. auch eine Diagnose. Was
man mit solchen Daten anfangen kann hat vor gar
nicht langer Zeit das Beispiel der Deutschen Telekom gezeigt, die Kundendaten an Callcenter weitergereicht hatte.
Gleiches gilt für die Tatsache, dass Mitarbeiter
der Firma OTOP unaufgefordert mit Patienten
„Beratungsgespräche“ führen, dabei sensible
medizinische Einzelheiten erfragen und daraus
Empfehlungen für Kosten- (= Mengen-) reduzierte
Versorgungen herleiten. So etwas wäre allenfalls
eine Aufgabe des MDK. Selbst Krankenkassen
haben kein Recht, genaue medizinische Informationen zu bekommen und ohne ausdrückliche
schriftliche Erlaubnis dürfen sie Fremdfirmen noch
weniger das Recht einräumen. Dass eine Krankenkasse Möglichkeiten sucht, Kosten einzusparen kann man ihr nicht verdenken. Dass sie dabei
rigoros und inkompetent vorgeht, könnte man
noch auf dem Kostendruck zurückführen. Dass die
Patienten als schwächstes Glied in der Kette alles
ausbaden müssen kennen wir auch schon. Doch
in diesem Fall „kaufen Patienten nicht etwas bei
ihrer Krankenkasse ein“, sondern sie sind durch das
Gesetz zwangsweise verpflichtet, von ihrem Einkommen Beiträge für die Krankenversicherung zu
zahlen, für die ihnen von der Krankenkasse neben
anderem auch Hilfsmittel als Sachleistung zur Verfügung gestellt werden. Deshalb sind gesetzliche
Krankenkassen auch Anstalten des öffentlichen
Rechts, die durch den Bundesrechnungshof ge-
prüft werden und verpflichtet sind, mit den ihnen
anvertrauten Geldern ihrer Mitglieder sorgsam
umzugehen.
Die AOK Schleswig-Holstein entlohnt die Firma
OTOP nämlich nicht nach Rezepten, Patientenzahlen oder Aufträgen. OTOP erhält von der AOK
eine Provision als Prozentsatz der durch ihre Tätigkeit „eingesparten“ Beträge. Im Klartext: Je mehr
zusammengestrichen wird, desto mehr verdient die
Firma OTOP. Die Mitglieder werden also nicht nur
schlechter versorgt als vorher, sie finanzieren über
diese Provisionen aus ihren Mitgliedsbeiträgen
ihre Schlechterversorgung sogar noch selbst. Das
Sprichwort von den allerdümmsten Kälbern, die
sich ihre Metzger selber suchen, passt an dieser Stelle leider nicht. Die gesetzliche Krankenversicherung
ist eine Pflichtversicherung und der Wechsel zu einer anderen gesetzlichen Krankenkasse führt nicht
notwendigerweise zu einem anderen Ergebnis.
Denn OTOP bewirbt sich überall bei den Krankenkassen unter dem Motto „Wir sparen Ihnen Kosten
ein und kosten Sie nichts, weil wir nur von den Beträgen Provision bekommen, die Sie durch unsere
Arbeit nicht ausgeben müssen“. Ob es noch andere
Krankenkassen gibt, die einen solchen – m. E. sittenwidrigen – Vertrag vereinbart haben weiß ich nicht.
Die Vereinbarung rechtlich zu bewerten überlasse
ich anderen. Ein erschreckendes Beispiel für eine
echte „Spar-Schwein“erei ist sie garantiert!
Kriterium für die „Ehrung“ ist
die Kreativität der Begründung
für eine Ablehnung.
Je unsinniger, desto besser sind
die Chancen. Ob man darüber
eher schmunzelt oder sich mehr
über die Ignoranz ärgert, bleibt
jedem selbst überlassen.
Vorschläge sind willkommen.
Text: Herbert Müller
Herbert Müller
Rechtsbeistand im Sozialrecht der Fördergemeinschaft
d. Querschnittgelähmten in Deutschland e.V.
Freiherr-vom-Stein-Str. 47
56566 Neuwied-Engers
tel 0 26 22-88 96-32; fax -36
eMail: [email protected]
PARAPLEGIKER 2/10
29
q – querschnitt spezial
BG Klinik Bergmannstrost
in Halle/Saale:
Das neue Bergmannsstrost,
Luftaufnahme 2009.
Moderne Medizin
im Wandel der Zeit
In unserer Serie über Behandlungszentren für Rückenmarkverletzte beschäftigen wir uns diesmal
mit den Berufsgenossenschaftlichen Kliniken Bergmannstrost, hier dem Zentrum für Rückenmarkverletzte und der Klinik für Orthopädie in Halle/Saale. Betroffenen und ihren Familien, die in ihrer
Nähe eine Klinik suchen oder einen Ansprechpartner zum Thema Querschnittlähmung benötigen,
sei die Internetseite der Fördergemeinschaft „www.fgq.de“ ans Herz gelegt. Dort findet man Kliniken, Ärzte, Sozialdienste und meist selbst betroffene erfahrene Berater.
Das Fundament für die Hochleistungsmedizin
in Deutschland von heute wurde durch die Einführung der Sozialgesetze vor über 110 Jahren
gelegt. Die 1884 eingeführte Unfallversicherung
war und ist neben der Kranken- und Rentenversicherung Grundlage unseres sozialen Zusammenhaltes. Um die bis dahin unzureichende
Heilbehandlung der Bergleute zu verbessern,
wurde 1887 unter der Leitung von Bergassessor
Bernhard Leopold mit der Planung eines Krankenhauses begonnen. Dank eines zügigen Bauablaufs konnte am 8. September 1894 das Krankenhaus Bergmannstrost eingeweiht werden.
Nach dem zweiten Weltkrieg diente der Standort als russisches Lazarett und ab 1947 als
30
PARAPLEGIKER 2/10
Krankenhaus der Allgemeinversorgung. Mit
der Deutschen Vereinigung und dem Trägerwechsel 1994 erstarkte das Bergmannstrost
zum europaweit einzigartigen Leistungszentrum bei der Versorgung Unfallverletzter. Am
04.12.1997, dem Tag der christlichen Märtyrerin
und Schutzherrin der Bergleute, der heiligen
Barbara, konnte der Klinikneubau eröffnet werden. Mit der Neueröffnung entstand mitten in
Sachsen-Anhalt eines der modernsten Traumazentren Europas, mit dem Rückenmarkzentrum
als eines der entscheidenden Leistungsträger.
Seither wird das medizinische Hochleistungszentrum mit heute neun Fachkliniken und insgesamt 452 Betten weiterentwickelt. Im neuen
q – querschnitt spezial
Wirbelsäule nach operativer
Stabilisierung.
letzungen; Anm.d.Red.) eine effektive und spezialisierte Behandlung für Patienten mit frischer
Querschnittlähmung vor. Das Rückenmarkzentrum setzt mit medizintechnischer Ausstattung
und Angebotsvielfalt überregional Zeichen.
Bergmannstrost in Halle werden sämtliche Verletzungen und deren Folgezustände behandelt. Damit steht das neue Bergmannstrost beispielhaft
für eine Versorgung frisch verletzter Unfallopfer
bis hin zur Rehabilitation.
Somit hat sich auf Grundlage des Gesetzes zur
Linderung der sozialen Not vor über 110 Jahren
ein hocheffizientes und leistungsfähiges System
der Versorgung von Unfallopfern entwickelt. Das
berufsgenossenschaftliche Prinzip der Steuerung
des Heilverfahrens über die Akutphase hinaus bis
zur Wiedereingliederung wird seitdem stetig weiterentwickelt.
Umfassendes Konzept
Das Zentrum für Rückenmarkverletzte und die Klinik für Orthopädie der BG Klinik Bergmannstrost
/ Halle hält im Rahmen des europaweit einzigartigen Polytraumakonzeptes (= vielfältige Ver-
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Neben der Wirbelsäulenchirurgie und der intensivmedizinischen Betreuung in der Schockphase,
wird die Nachsorge über Physio- und Ergotherapie, die Hilfsmittelanpassung bis hin zur Beratung, in Zusammenarbeit mit den Versicherern,
zur Anpassung der Wohnsituation fortgeführt.
Lebenslange Nachsorge und Check up sowie die
unentbehrliche urologische Betreuung ist konzeptionell verankert.
„Space Curle“ zur
Rumpfstabilisierung.
q – querschnitt spezial
Auf Querschnittlähmung und Wirbelsäulenverletzung hoch spezialisierte Ärzte, Pflegepersonal, Physio- und Ergotherapeuten erfüllen das
Konzept mit Leben und tragen zum Erfolg der
ganzheitlichen Versorgung bei. Im Zentrum
für Rückenmarkverletzte der BG-Kliniken Bergmannstrost wurden im Jahre 2009 insgesamt
375 Patienten mit einer Querschnittlähmung
behandelt. Davon waren über die Hälfte berufsgenossenschaftlich versichert.
Neben den Erkrankungen der Wirbelsäule,
die Lähmungen verursachen, werden auch
sämtliche anderen Wirbelsäulenerkrankungen
und orthopädischen Leiden behandelt. Das
Spektrum umfasst Bandscheibenvorfälle, Korrekturen von Fehlstellungen, Skolioseaufrichtungen, tumoröse / entzündliche / rheumatische Instabilitäten. Minimalinvasive Techniken
finden unter Verwendung moderner Implantate, biologischer Transplantate, Schmerztherapie, Medikamentenpumpen und Schmerzsonden am Rückenmark statt.
Weitere Therapien
•
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•
•
•
•
•
Plastische Deckung schwerer Weichteildefekte,
Versorgung von Extremitätenverletzungen bei Querschnittgelähmten,
Entfernung von Gelenkverknöcherungen sämtlicher Gelenke,
Endoprothesen, Kunstgelenkersatz von Hüft- und Kniegelenken,
Gelenkspiegelungen: orthopädisch / arthroskopische Gelenkchirurgie
(Knie-, Hüft-, Schulter- Sportverletzungen),
Muskelersatzoperationen inkl. Neuroprothesen bei Tetraplegikern,
Spastiktherapie.
Das Zentrum für Rückenmarkverletzte und die
Klinik für Orthopädie sind die konsequente
Fortsetzung des Prinzips einer Versorgung unter
dem Motto „Alles aus einer Hand“. Dies beginnt
mit dem Polytraumakonzept in der Rettungsstelle und setzt sich in der operativen Versorgung der Verletzungen der Wirbelsäule über
die intensivmedizinische Phase des spinalen
Schocks, Eingliederung in das gesellschaftliche
und berufliche Leben und lebenslange Nachsorge fort.
Text: Dr. med. Volker Mall, Oberarzt
Fotos: BG Kliniken Bergmannstrost, Halle
32
PARAPLEGIKER 2/10
Kontakte
Berufsgenossenschaftliche Kliniken Bergmannstrost
Zentrum für Rückenmarkverletzte
Merseburger Str. 165
06112 Halle/Saale
Sekretariat: Frau Kalbitz/Frau Beyer
Telefonzentrale: 03 45-1 32 60
www.qz-halle.de
Für Fragen aller Art:
Direktor des Zentrums für Rückenmarkverletzte:
Dr. Klaus Röhl
tel 03 45-1 32-63 11
[email protected]
Leiter Neuro-Urologie: Dr. Andreas Redecker
Sekretariat: Frau Schlegel
tel 03 45-1 32-74 30
[email protected]
Sozialdienst:
Petra Kücker
tel 03 45-1 32-75 45
[email protected]
FGQ-Berater:
Christoph Kuliberda
tel 03 45-1 32-75 76
[email protected]
Thorsten Staar
Haselnussweg 18
06120 Halle
tel 03 45-29 00 870
fax 03 45-29 00 871
[email protected]
q – querschnitt spezial
Paraplegiker für DarmfunktionsStudie gesucht
MR-Defäkographie,
Für eine so genannte Defäkographie-Studie
über einen Zeitraum von sechs Monaten werden von der Orthopädischen Universitätsklinik
Heidelberg Teilnehmer mit einer kompletten
Paraplegie gesucht.
Die Auswirkung der Querschnittlähmung auf die Darmfunktion ist ein
bisher ungelöstes Problem. Bei etwa der Hälfte aller querschnittgelähmten Patienten treten Abführprobleme und Stuhlunregelmäßigkeiten auf.
Blähungen, Schmerzen, Unwohlsein, ungewollte Stuhlabgänge und vermehrte Spastizität oder auch eine reflektorische Störung der Blasenfunktion treten oft als Begleitsymptome auf. Etwa 23% der Querschnittpatienten werden wegen gestörter Darmentleerung stationär behandelt.
Die Dauer der Querschnittlähmung, das Vorhandensein einer kompletten
Lähmung und die Selbstständigkeit des Patienten sind Faktoren, die eine
erfolgreiche Darmrehabilitation beeinflussen können. Die „Darmrehabilitation“ bei Tetra- und Paraplegikern gründet sich überwiegend auf
erfahrungsbasierten Methoden, die sich bis heute in den Spezialzentren
für Querschnittlähmung bewährt haben. Primär wird der Entleerungsrhythmus mit Hilfe von Laxantien (Abführmitteln) im Sinne eines DarmManagements angestrebt. Aktuell gibt es jedoch keine objektiven Messverfahren für die Überlegenheit einer bestimmten Abführmethode bei
einem bestimmten Lähmungstyp.
ASIA Untersuchung (Dokumentation des
bestehenden Lähmungsausmaßes),
Fragebogen zur neurogenen Darmlähmung,
SkARV Test.
Zur Verfügung stehende Untersuchungszeiten: Montag bis Freitag ab
16 Uhr, sowie Samstag nach Absprache. Die Untersuchung erfolgt nur
an Abführtagen. Die Koordination der Termine erfolgt über Herrn cand.
med. B. Wagner. Nach Ablauf der Studie werden wir Sie über die Ergebnisse informieren.
Für die Anfahrt wird eine Aufwandsentschädigung von 50 € erstattet.
Für weitere Fragen und Informationen stehen wir Ihnen unter folgender
Telefonnummer gerne zur Verfügung:
Frau Dr. med. C. Putz: 0 62 21-96-5
Oder eMail: [email protected]
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Zawatzky macht mobil –
Mittels MR-Defäkographie ist es möglich die Dynamik der Stuhlentleerung darzustellen und mögliche Störungen im Ablauf der Stuhlentleerung besser zu verstehen und zu behandeln.
Bremse
Wie läuft die MR-Defäkographie ab?
Die MR-Defäkographie ist ein bildgebendes Verfahren, mit dem es
möglich ist den Ablauf der Stuhlentleerung darzustellen. Um zeitliche
Verzögerungen zu vermeiden, ist es notwendig, dass der MRT Termin mit dem Abführtag übereinstimmt. Während der Untersuchung
sollten Sie sich entspannt auf die linke Seite legen. Nach Füllung des
Enddarmes mit Kontrastmittel (Ultraschallgel) wird der Prozess der
Stuhlentleerung eingeleitet und über einen anal aufklebbaren Beutel
(Fäkal-Kollektor) aufgefangen.
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Ausschlusskriterien für die Untersuchung sind beispielsweise Herzschrittmacher. Wir bitten Sie zur Untersuchung einen aktuellen Kreatinin-Wert mitzubringen. Wir suchen insgesamt 20 bis 30 Patienten, die
als Probanden an der Studie teilnehmen möchten.
Die klinische und kernspintomographische Untersuchung in der Radiologischen Abteilung der Orthopädischen Universitätsklinik Heidelberg dauert (inklusive Aufklärung) ca. 90 Minuten und beinhaltet:
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q – querschnitt spezial
Was ist eigentlich –
Der „Brindley Stimulator“?
Laien sprechen vom „Brindley-Stimulator“, einer „Blasenstimulator-OP“ oder gar vom „Blasenschrittmacher“. Der letztgenannte
Ausdruck ist unzutreffend, denn es handelt sich nicht um einen
Schrittmacher mit einer eigenen Energiequelle wie z. B. ein Herzschrittmacher. Die anderen Begriffe berücksichtigen nicht den wichtigsten Teil dieses Behandlungsverfahrens, die sakrale Deafferentation.
Die gesunde Harnblase hat zwei Funktionen:
Speichern (Reservoir) und Entleeren (Miktion).
99 % der Zeit ist die Blase ein Reservoir. Die
Miktion ist eine kurzdauernde Funktionsphase
mit Druckerhöhung, die max. 1 % der Tageszeit
andauert. Das funktioniert durch ein fein aufeinander abgestimmtes Steuerungssystem in
Zentren des Gehirn und des Rückenmarks. Dabei kommt es während der Blasenentleerung zu
einer Kontraktion (Zusammenziehung) der Blasenmuskulatur mit Öffnung des Blasenhalses
und gleichzeitiger Entspannung des äußeren
Schließmuskels, so dass eine koordinierte, zügige und restharnfreie Entleerung stattfindet.
34
PARAPLEGIKER 2/10
Anders die gelähmte Harnblase: Nach Überwinden des spinalen Schocks mit schlaffer
Lähmung aller Körperfunktionen ändert sich
je nach Schädigungshöhe des Rückenmarks
das Blasenlähmungsbild. Bei Schädigungen
etwa vom ersten Lendenwirbel und darunter
entwickelt sich eine schlaffe Blasenlähmung.
Bei Schädigungen oberhalb kommt es zu einer spastischen Blasenlähmung. (Mischformen
sind möglich.) Bei kompletter Lähmung ist die
Steuerung über das Blasenreflexzentrum vollständig ausgefallen. Für die genaue Klassifizierung der Blasenlähmung ist die Video-Urodynamik das wichtigste diagnostische Werkzeug.
q – querschnitt spezial
Dies ist eine Kombination aus Blasendruckmessung und Röntgendarstellung der Harnblase mit Kontrastmittel.
Eine spastische Blasenlähmung führt zur Reflexharninkontinenz. Dabei besteht ein erhöhtes
Risiko von Harnwegsinfektionen (HWI) und
längerfristig das Risiko der Schädigung der
Nierenfunktionen. Es kommt zur spastischen
Kontraktion des äußeren Schließmuskels (externer Sphinkter), so dass die Harnentleerung
durch den Aufbau eines hohen Entleerungswiderstandes behindert oder sogar verhindert wird (Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie).
Bei Querschnittlähmungen oberhalb von Th
6 können autonome Dysreflexien auftreten, d.
h. es kommt durch die spastische Aktivität der
Harnblase zu abrupten heftigen krisenhaften
Blutdrucksteigerungen, meist verbunden mit
Schwitzen und heftigsten Kopfschmerzen. Je
nach Lebensalter bedeutet das ein erhöhtes
Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden. Dies ist
eine lebensbedrohende Situation. Solch eine
autonome Dysreflexie gilt in der Neuro-Urologie als ein Notfall.
Die Operationsmethode
Brindley forschte 1969-1978 an der Entwicklung eines Implantates und der externen
Steuerung zur Sakralwurzelstimulation, um so
eine Implantat gesteuerte Blasenentleerung
zu erreichen. Zu Beginn wurden die sakralen
Vorder- und Hinterwurzeln soweit möglich nur
voneinander getrennt, u. a. S 2 und S 3. Sauerwein war der erste Operateur, der die sensiblen Hinterwurzeln von S 4 und wenn notwendig auch von S 5 separieren konnte und
durchtrennte, ohne dabei die motorischen
Vorderwurzeln zu verletzen (Sept.1986). Die
vollständige Separation und Durchtrennung
der sensiblen Hinterwurzeln S 2 bis S 5 wird als
sakrale Deafferentation bezeichnet (SDAF).
Heute ist die SDAF und die SARS ein etabliertes
Verfahren. Nach erfolgreicher SDAF von S 2 bis
S 5 auf beiden Seiten wird die spastische Harnblasenreaktion vollständig ausgeschaltet (Prof.
D. Sauerwein). Damit wird die Reservoirfunktion der Harnblase wieder hergestellt und Harnkontinenz erreicht. Durch das Einlegen von
Elektroden in den offenen Wirbelkanal, in die
die motorischen Vorderwurzeln gelegt werden, wird eine kontrollierte Blasenentleerung
durch Elektrostimulation (SARS) möglich. Die
angeschlossenen Elektroden werden hierzu
mit einem unter die Haut platzierten Empfänger verbunden. Die Harnblasenentleerung erfolgt durch Auflegen des Senders auf die Haut
exakt über dem implantierten Empfänger, der
über die Kabel zu den Elektroden mit den Sakralnerven in Verbindung steht.
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q – querschnitt spezial
Die Elektrostimulation erfolgt über ein Steuergerät. Die Programmierung findet nach der
Operation und nach abgeschlossener Wundheilung statt. Die Blasenentleerung durch Triggern
ist dann nicht mehr möglich. Unabhängig von
der Vorderwurzelstimulation bleibt dem Querschnittgelähmten die Möglichkeit der Harnblasenentleerung durch intermittierenden Katheterismus (ISK) erhalten (z. B. für Notfälle, bei
Defekt des Steuergerätes oder Funktionsverlust
des Implantates).
Indikationen
Die Programmierung findet
nach der Operation und nach
abgeschlossener
Wundheilung
statt. Die Blasenentleerung
durch Triggern
ist dann nicht
mehr möglich.
fortschreitender Verlust von Nie• Drohender,
renfunktion und/oderReflexharninkontinenz
häufig
insbesondere fie• berhaftewiederkehrende,
Harnwegsinfektionen
strukturelle
des unteren
• Harntraktes Schädigungen
(z.B. Christbaumblase) und/oder
•
•
•
des oberen Harntraktes (z. B. Harnstauung,
Reflux)
autonome Dysreflexie (Bluthochdruckkrisen)
Fehlschlag konservativer Therapiemaßnahmen (anticholinerge Therapie und intermittierender Katheterismus)
Fehlschlag minimalinvasiver Behandlungen
(Schließmuskeleinkerbung bei querschnittgelähmten Männern, Botulinum-Toxin-AInjektionen (Botox®) mit intermittierendem
Katheterismus)
Patientenauswahl
und sensibel komplette Quer• Motorisch
schnittlähmung, (in Ausnahmefällen auch
inkomplette Läsionen nach einer detaillierten neurologischen Untersuchung)
Intakter sakraler Reflexbogen S2-S5: spastische Blasenlähmung
Intakte Blasenmuskelfunktion:
- normale Dehnungsfähigkeit der Harnblase
- kein bindegewebiger Umbau der Blasenwand (Fibrosierung)
- keine myogene Schädigung (keine Überdehnungsschädigung)
Sicheres Langzeitkonzept der medizinischen
und sozialen Versorgung des Querschnittgelähmten
•
•
•
36
PARAPLEGIKER 2/10
Komplikationen
Diese Darstellung kann und will nicht das notwendige Beratungsgespräch mit einem erfahrenen Neuro - Urologen ersetzen. Deshalb wird
hier nur auf einige wichtige Komplikationmöglichkeiten eingegangen.
Frühkomplikationen:
Infektion
- Trotz Beachtung von makellosen Hautverhältnissen, einer voroperativen Ganzkörperdesinfektion und einer perioperativen
antibiotischen Prophylaxe sind bakterielle
Infektionen im Operationswundgebiet und
am Implantat nicht zu 100 Prozent zu verhindern.
- Wenn es zu einem solchen Ereignis kommt,
muss das Implantat entfernt werden, um
Folgeerkrankungen, wie Hirnhautentzündung, Gehirnentzündung oder Knochenentzündung zu vermeiden.
– Die Entfernung des Implantates führt zum
Verlust der SARS, aber die Wirkung der SDAF
wird nicht aufgehoben. Die Blasenentleerung muss dann durch Einmalkatheterismus
stattfinden.
- Nach Ausheilung der Infektion ist eine Neueinpflanzung eines Implantates möglich.
Liquorfistel
- Das Gehirn und das Rückenmark sind innerhalb der Hirnhäute schwimmend vor Stößen
geschützt im Hirnwasser (Liquor) gelagert.
- Die Elektrodenkabel werden durch eine Art
“Schornstein“ hindurch aus dem Wirbelkanal ausgeleitet. Um den “Schornstein“ herum werden die Hirnhäute durch eine wasserdichte Naht verschlossen.
- Kommt es hier zu einer Heilungsstörung,
tritt Liquor aus (Liquorfistel). Eine Zweitoperation, um diese Fistel zu verschließen,
kann erforderlich werden, sofern Kopftief lagerung nicht zu einem Spontanverschluss
führt.
Spätkomplikationen:
Implantatdefekte (Spätkomplikation):
- Defekte am Empfänger oder Kabelbrüche.
- Geeignete Untersuchungen lassen Defekte
des Steuergerätes und des Implantates
unterscheiden.
- Bei plötzlichem Funktionsausfall muss durch
Einmalkatheterismus eine Überdehnungs
•
•
•
q – querschnitt spezial
schädigung der Blasenmuskulatur vermieden werden. (Volumen kleiner als 500 ml!)
- Je nach Art des Defektes kann durch Austausch des Empfängers, durch Kabelreparatur oder durch Einsetzen eines kompletten
neuen Implantates die Funktion wieder hergestellt werden.
Überdehnungsschädigung
- Der Blasenfüllungszustand wird von Querschnittgelähmten nicht oder nur durch sehr
unbestimmte Signale wahrgenommen. So
kann es zur Überfüllung der Harnblase mit
Überdehnung der Blasenmuskulatur kommen und die Blasenentleerung mittels SARS
kann versagen.
- Dann Einmalkatheterismus bis sich die
Harnblase von der Überdehnung erholt hat.
Dies kann Tage aber auch Wochen dauern.
•
Nachsorge
Die erste Nachsorge findet 6 Monate nach der
Operation statt. Meistens müssen die Stimulationsparameter sowohl für die Blasenentleerung
als auch für die Stuhlregulierung nachjustiert
werden. Im weiteren Verlauf sind regelmäßige
jährliche Nachsorgeuntersuchungen anzuraten, um die vollständige SDAF und die regelrechte Funktion der SARS zu überprüfen und
je nach Notwendigkeit Korrekturen vorzunehmen. Harnwegsinfektionen sind in aller Regel
nur noch ein seltenes Problem.
Es gibt in der Medizin leider keine Erfolgsquote von 100 %. Nach der letzten Auswertung der
Bad Wildunger Ergebnisse in 2007 gelang eine
vollständige Deafferentation in 95,2 % (464
Operationen). Die mittlere Blasenkapazität lag
danach bei 476 ml. Bei 83 % der Patienten bestand Kontinenz. 95 % der Patienten nutzten die
SARS für die Blasenentleerung und 91 % für die
Stuhlregulierung. Die HWI-Rate fiel von 6,3 Infektionen pro Jahr vor Durchführung der SDAF
auf 1,2 HWIs pro Jahr nach der Operation.
Von allen Behandlungsmethoden bei spastischer Blasenlähmung infolge einer erworbenen
Querschnittlähmung ist die SDAF und SARS die
dauerhaft verlässlichste. Für eine erfolgreiche
Diagnostik, Patientenauswahl, Durchführung
der Operation und Nachbehandlung sowie
auch für die Beherrschung von möglichen Komplikationen ist ein erfahrenes Team Voraussetzung. Der Autor und sein chefärztlicher Partner
Dr. med. B. Domurath sowie das ganze Mitarbeiterteam stehen gerne zur weiteren Beratung
zur Verfügung.
Von allen Behandlungsmethoden bei
spastischer
Blasenlähmung
infolge einer
erworbenen
Querschnittlähmung ist die
SDAF und SARS
die dauerhaft
verlässlichste.
Text:
Dr. med. J. Kutzenberger
Facharzt für Urologie
Chefarzt Klinik für Neuro-Urologie
An der Werner Wicker Klinik
34537 Bad Wildungen
[email protected]
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q – querschnitt spezial
„Querschnitt-Tuning“ aus Patientensicht (1):
Der Brindley
Aufklärung gehört heute standardmäßig zum Schulunterricht.
Früher war das anders. Da erfolgte die auf der Straße, in der Schule,
unter Freunden usw. Man kannte einen, der kannte einen, der wusste: Das kann so oder so sein oder auch anders… Aber genau das
verunsichert bis heute viel zu oft auch Menschen, die das Leben mit
einer Querschnittlähmung für sich zu organisieren haben. Halbwahrheiten, undefinierbare Ängste, Spekulationen und Fantasien blockieren deshalb manchmal Chancen, die der Fortschritt der Medizin
ihnen heute ermöglicht.
Beispiel Brindley: Vor sieben Jahren habe ich zu
diesem Thema mit Unterstützung der Fachmediziner in den deutschen Querschnittzentren eine
ausführliche Befragung von operierten Personen
durchgeführt. Bis dahin waren in Deutschland
ca. 700 Brindley-Operationen erfolgt. 101 Personen haben den ausgefüllten Bogen zurückgeschickt, also jeder siebte. Damit
ist diese Befragung viel repräsentativer als jeder “Deutschlandtrend“ im Fernsehen. 93
von ihnen fanden ihre Entscheidung für die OP richtig. Sie
würden sich auch erneut dafür
entscheiden. In zwei weiteren,
mir bekannten Fällen wurde
die Erwartung – Entleerung der
Blase mit Brindley – zwar nicht
erfüllt, aber bei beiden war das
nicht der eigentliche OP-Grund,
sondern die Vermeidung von
lebensgefährlichen Blutdruckspitzen bis zu 200/120 mmHg
und mehr, die bei hoher Querschnittlähmung oft auftreten.
Dieses Risiko wurde durch die
OP beseitigt. Allerdings müssen beide jetzt trotz
OP – also wie vorher – weiter katheterisieren.
Das aber, weil sich der Blasenschließmuskel auch
durch den Stimulator nicht davon überzeugen
ließ, seine Aufgabe zu erfüllen, ohne die vorher
benötigten zusätzlichen Medikamente mit allen
Nebenwirkungen, die oft beim ISK (Intermittierender Selbstkatheterismus) erforderlich sind.
...Blutdruckspitzen bis zu
200/120 mmHg
und mehr, die
bei hoher Querschnittlähmung
oft auftreten.
Dieses Risiko
wurde durch die
OP beseitigt.
38
PARAPLEGIKER 2/10
Dem gegenüber stehen die vielen anderen Fälle,
nämlich die Tetraplegiker, die nicht mehr fünf- bis
sechsmal täglich mit Fremdhilfe katheterisiert
werden müssen, sondern nur noch morgens Hilfe
beim Kleben eines Kondoms benötigen (vielleicht
noch nicht einmal das), weil sie ohne fremde Hilfe
tagsüber mittels Brindley ihre Blase in einen Beinbeutel entleeren können.
Da gibt es auch die Frauen die nicht mehr in permanent feuchten Windeln herumfahren müssen,
weil die Nebenwirkungen der Medikamente zu
stark wären und weil sie “bauartbedingt“ auch
kein Kondom tragen können. Und da gibt es diejenigen, die viel auf Reisen sind und nicht für eine
Woche Urlaub einen ganzen Karton Katheter mit
einpacken wollen und, und, und... Weitere Gründe kann sich jeder selbst ausdenken.
Ein ganz besonders wichtiger Aspekt darf nicht
vergessen werden: Viele Menschen mit einer
Querschnittlähmung quälen sich regelmäßig
mit Harnwegsinfekten, die auf Dauer auch Blase
und Nieren schädigen. Bei der Leerung der Blase
durch den Brindley (vier- bis fünfmal täglich, bei
Bedarf eventuell auch häufiger) infizieren sie sich
nur noch sehr selten – meist ein oder zweimal im
Jahr. Weil sie keine spastische Blase mehr haben
geht es ihnen wie allen Menschen, auch ohne
Handikap, die, oft ohne dass sie es bemerken,
von Zeit zu Zeit einen Harnwegsinfekt haben,
der ohne Antibiotika nach wenigen Tagen wieder
von selbst verschwindet.
q – querschnitt spezial
Zeitgewinn
Doch nicht nur die Versorgung der Blaseninkontinenz macht einen großen Schritt nach vorne.
Auch die bei einer Querschnittlähmung fast immer vorhandene Inkontinenz des Mastdarms
lässt sich mit einem Brindley wesentlich besser in
den Griff bekommen. Auch wenn die Mediziner
den Erfolg dabei grundsätzlich nicht versprechen
(denn der Grund für die OP ist ja die Blaseninkontinenz) und nur davon sprechen, dass in zwei von
drei Fällen auch die Entleerung des Darms vereinfacht wird, sehen nach dieser Umfrage die Zahlen
ganz anders aus. Bei 90 % von ihnen haben sich
die Zeiten, die sie dafür aufwenden müssen, erheblich verkürzt. Beispiele: Aus drei Stunden sind
30 Minuten geworden, aus zwei Stunden 10 bis
15 Minuten usw. Wer vorher jeden zweiten Tag
eine Stunde für eine Sitzung einplanen musste
freut sich darüber, dass es jetzt nur noch ca. 10
Minuten dauert, eine so kurze Zeit, dass sie gar
nicht vorgeplant werden muss. (Da spreche ich
aus eigener Erfahrung).
Und dann gibt es auch noch die „Stufe III“... Die
funktioniert manchmal, manchmal nicht und
manchmal nicht zufriedenstellend. Dafür sollte
man eine solche OP sicher nicht in Erwägung
ziehen. Aber wie heißt es so schön: „Es spielt sich
sowieso alles im Kopf ab“.
Auch mit einer anderen Verunsicherung kann ich
aufräumen: Wenn jemand sensibel inkomplett
ist, kann im „Reithosenbereich“ eventuell noch
vorhandene Sensibilität verloren gehen. Dass
die Ärzte darauf hinweisen, damit man ihnen das
später nicht zum Vorwurf macht ist verständlich.
Aber ob es wirklich dazu kommt, ist von Fall zu
Fall unterschiedlich. Auch da
spreche ich aus eigener Erfahrung.
Wenn jemand
sensibel inkomplett ist, kann im
„Reithosenbereich“ eventuell
noch vorhandene Sensibilität
verloren gehen.
Auf die Frage, was an der
Brindley-OP und den Folgen negativ sei gab es bei
der Umfrage – wenn überhaupt – überwiegend zwei
Antworten: Erstens: Die drei
Tage vor der OP, in denen
der Darm mit literweise eklig
schmeckendem Abführmittel ratzeputz geleert wurde.
Da muss man einfach durch.
Zweitens (aber das soll inzwischen besser sein): Der Ärger und die Angst
wenn ein Stimuliergerät aus technischen Gründen ausfällt. Die Stimuliergeräte sind im Laufe
der Zeit nicht nur sicherer geworden und fallen
seltener aus. Inzwischen akzeptieren auch fast
alle Krankenkassen, dass ein Brindley-Benutzer
aus Sicherheitsgründen auch ein Zweitgerät zur
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q – querschnitt spezial
Blasenentleerung braucht. Falls es Ärger mit der
Kasse geben sollte: Als Rechtsbeistand der FGQ
habe ich bisher alle Auseinandersetzungen zu
diesem Thema zu einem positiven Ende führen
können.
Für eine Brindley-OP muss man erfahrungsgemäß fünf bis sechs Wochen Krankenhausaufenthalt einkalkulieren: Zwei bis drei Wochen
Vorlauf mit allen möglichen Untersuchungen
und ca. drei Wochen bis man wieder im Rollstuhl durch die Gegend fahren kann. Früher
dauerte eine solche Operation acht bis zehn
Stunden. Aber auch hier hat sich einiges geändert. Normalerweise benötigen die Operateure heute nur noch die
Hälfte der Zeit, um zuerst die
Sakralnerven ganz am unteren Ende der Wirbelsäule zu
trennen und dann, im linken
oder rechten Unterbauch, den
stromlosen Empfänger zu implantieren. Die Stimulation erfolgt später durch einen kleinen Sender, ungefähr so groß
wie eine Zigarettenschachtel,
mit einem kleinen Sender,
der auf die Bauchdecke aufgelegt wird und den Blasenschließmuskel aktiviert. Vier
bis fünf Mal am Tag wird die
Blase so völlig entleert und wenn man einmal
mehr getrunken hat als üblich, schadet es auch
nicht der Gesundheit falls man das dann öfter
macht. Nur überdehnen sollte man die Blase
auch bei der funktionellen Elektrostimulation
nicht. Denn dann erschlafft sie im Laufe der
Zeit. Aber wenn nur gelegentlich einmal mehr
als die ärztlicherseits empfohlene Menge von
ca. 500 bis 600 ml Blaseninhalt überschritten
wird, passiert nichts – außer einem strengen
Blick, den man zu erwarten hat, wenn man das
bei dem obligaten jährlichen Check wirklich
berichtet...
Für eine Brindley-OP muss
man erfahrungsgemäß fünf bis
sechs Wochen
Krankenhausaufenthalt einkalkulieren.
Rechtsanspruch
Die Angst vor der „Maschine“ im Bauch ist
nur mental zu begründen. Denn sehen kann
man den Empfänger von außen nicht und
wer macht sich solche Gedanken bei einem
künstlichen Hüftgelenk oder einer künstli-
40
PARAPLEGIKER 2/10
chen Herzklappe, die zu Tausenden implantiert werden?
Nicht für jeden ist eine Brindley OP die optimale Lösung seiner Inkontinenzprobleme.
Das hängt vom Einzelfall ab. Denn auch andere Lösungen wie z. B. Botox, ISK oder Urinalkondome haben ihre Vor- und Nachteile und
ihre Berechtigung, in manchen Ausnahmefällen sogar Dauerkatheter (suprabubisch oder
durch die Harnröhre). Vor einer Entscheidung
sollte man aber immer unvoreingenommen
informiert sein und diese dann zusammen
mit den qualifizierten Medizinern einer Neurourologie getroffen werden, die Erfahrungen
mit Querschnittlähmung haben z. B. in den
Querschnittzentren mit eigener Neurourologie. Auf die Behandlung dort haben Querschnittgelähmte einen Rechtsanspruch (u. a.
SG Freiburg Az S 11 KR 3430/04). Man sollte
sich also von seiner Krankenkasse nicht zu einer Behandlung in einer “normalen“ Urologie
drängen lassen, egal wo diese angesiedelt ist,
nur weil die Kasse dadurch (kurzfristig) ein
paar EURO spart.
Zitat eines Tetraplegikers seit einem Unfall
Ende der 80-er Jahre, der 2008 operiert wurde: „Hätte ich gewusst wie gut ich damit zurecht komme, hätte ich schon seit zwanzig
Jahren einen Brindley. Aber ich habe die ganze Zeit nicht nur Positives gehört, sondern
vor allem viel Negatives. Darum habe ich die
Entscheidung immer wieder vor mir hergeschoben.“ Klar, denn die negativen Berichte
kommen von den (wenigen) Leuten, bei denen es nicht geklappt hat oder bei denen
falsche Erwartungen nicht erfüllt wurden. Die
sind es vor allem, die man in der Klinik trifft.
Denn die anderen kommen einmal im Jahr
ambulant zu einem Check oder höchstens für
ein paar Tage stationär. Und außerdem: Wie
überall sind auch hier negative Geschichten
viel interessanter als positive und damit sind
wir wieder am Anfang: „Ich kenne jemand, der
kennt jemanden...“
Text: Herbert Müller
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medizin
Stomaträger im Internet:
Selbsthilfe
einmal anders
Das Internet ist als meistgenutzte Informationsquelle oft sehr
unübersichtlich. Das gilt auch für das Thema Behinderung.
In direktem Kontakt mit anderen Betroffenen lassen sich hilfreiche Fakten und Erfahrungen besser bewerten.
V
iele der großen Selbsthilfevereine nutzen das Internet als zusätzliches Angebot. Es
haben sich aber auch ganz eigenständige Plattformen im Netz entwickelt. Zum Beispiel
„stoma-welt.de“, eine Selbsthilfeplattform, die über das weitgehend tabuisierte Thema
künstlicher Darmausgang und künstliche Harnableitung informiert. Stomaträger, deren
Angehörige und Interessierte finden ein umfangreiches Informationsangebot, vom Basiswissen über Stoma und Stomaversorgung bis hin zu ganz alltäglichen Problemen wie
Umgang mit der eigene Behinderung in der Familie und unter Freunden, Auswirkungen
auf Beruf, Sport, Reisen usw.
Virtuelle Selbsthilfe
Und falls doch einmal keine Antwort zu finden ist, gibt es noch Stoma-Forum.de, Teil der
Stoma-Welt. Eine virtuelle Selbsthilfegruppe, in der sich Stomaträger an sieben Tagen in
der Woche, 24 Stunden am Tag treffen, Fragen stellen und Antworten geben und ihre Erfahrungen austauschen. Ein Treffpunkt für Stomaträger aus allen deutschsprachigen Ländern. Während es in vielen anderen Foren oft laut und ungemütlich zugeht, fühlt man sich
dort gleich aufgenommen und verstanden. Denn hier treffen sich Menschen, die alle dasselbe durchgemacht haben. Wie wichtig solche Treffpunkte im Internet geworden sind,
zeigen die Besucherzahlen auf Stoma-Welt.de. Im Moment sind es Monat für Monat mehr
als 25 000 Besucher. Darunter nicht nur Stomaträger, wie sich die Betroffenen selbst nennen, sondern auch Angehörige, Pflegefachkräfte und andere Interessierte. Eine enorme
Herausforderung für die ehrenamtlichen Helfer, die sich um Technik, redaktionelle Inhalte
und Organisation kümmern.
Professionalisierung
Vor die Entscheidung gestellt entweder das in zehn Jahren Gewachsene für die Zukunft
zu beschränken oder neue Wege zu gehen hat die Stoma-Welt sich für eine Zukunftsperspektive entschieden. die es in dieser Form bisher noch nicht gab. Getragen von einem gemeinnützigen Verein wird die Stoma-Welt in Zukunft von hauptberuflichen Mitarbeitern
betrieben, redaktionell betreut und moderiert. Finanziert wird das Unternehmen überwiegend durch Sponsorenbeiträge der Hersteller und von bundesweit agierenden bzw.
regional tätigen Homecare-Anbietern in jeweils gleicher Höhe. Zusätzliche Werbung ist
nicht möglich. Niemand hat so die Chance, sich durch höhere Zahlungen einen Vorteil zu
„erkaufen“. Die Plattform bleibt werbefrei, unabhängig und objektiv und ist damit für die
Zukunft gerüstet, um für noch mehr Betroffene eine Anlaufstelle zu sein und das Internet
für aktive Selbsthilfe einzusetzen. Denn mit der Änderung der Altersstruktur in der Gesellschaft geht auch eine intensivere Nutzung des Internets durch ältere Menschen einher.
Text: Christian Limpert
Kontaktdaten: Stoma-Welt e. V • Vorsitzender Christian Limpert
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Copyright© 2009, Küschall AG, Schweiz – Alle Rechte vorbehalten.
medizin
Phantomschmerzen:
Training und
Medikamente
Rund 70 Prozent der Patienten leiden nach einer
Amputation unter Phantomschmerzen. Am besten lassen sich diese Schmerzen behandeln,
bevor sie chronisch geworden sind. Deshalb
sollten Betroffene nicht die Zähne zusammenbeißen, sondern möglichst früh nach
Behandlungsmöglichkeiten suchen.
Der aktive
Selbsthilfegruppen-Fachmann
Egon Griebel
hat kaum noch
Phantomschmerzen.
I
m vergangenen Jahr befragten Forscher
537 Amputierte zu ihrer Lebensqualität.
Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass Handlungsbedarf besteht:
• 56 Prozent der Befragten nehmen bis zu
fünf Stunden am Tag messerstichartige,
elektrisierende Schmerzen oder Kribbeln
in ihrem amputierten Körperglied wahr
• 28 Prozent empfinden diese Schmerzen
sogar Tag und Nacht
• 62 Prozent aller Amputierten leiden unter
Schlafstörungen – unabhängig davon, ob
sie Phantomschmerzen haben oder nicht.
Nach der Operation können elektrische Stimulationsverfahren im Bereich des Amputationsstumpfes dabei helfen, die Entstehung
von Phantomschmerzen zu verhindern. Auch
eine gut sitzende Prothese ist ausgesprochen
wichtig!
Schmerzen verhindern
Schmerzen sollte man nicht aushalten. Wer
die Zähne zusammenbeißt, macht seine Situation nicht besser, im Gegenteil. Er riskiert,
dass sein Körper ein Schmerzgedächtnis aufbaut, sich beim kleinsten Anlass an die negativen Gefühle erinnert und immer häufiger
Schmerzen auftreten.
Für Patienten vor einer geplanten Operation
ist es wichtig zu wissen, dass man die Wahrscheinlichkeit von Phantomschmerzen senken kann: Je stärker die Schmerzen vor dem
Eingriff sind, desto wahrscheinlicher ist es,
42
PARAPLEGIKER 2/10
dass nach der Operation Phantomschmerzen
auftreten. Es ist also sinnvoll, Schmerzen
schon ein paar Tage vor der geplanten Operation auszuschalten, beispielsweise durch
eine Rückenmarks- oder Lokalanästhesie. Der
Berliner Schmerzspezialist Dr. med. Jan-Peter
Jansen empfiehlt in solchen Fällen dringend
eine Kombination zwischen Allgemeinnarkose und Lokalanästhesie.
Schlafstörungen verstärken übrigens das
Schmerzempfinden und sollten auch aus diesem Grund behandelt werden, wenn Phantomschmerzen bestehen.
Medikamentöse Therapie
medizin
Schmerztherapeuten sind sich heute einig,
dass eine effektive Schmerztherapie möglichst früh und möglichst intensiv eingeleitet
werden sollte. Die medikamentösen und begleitenden Möglichkeiten sind für den Laien
unübersichtlich: Schmerzmittel alleine oder
in Kombination mit Vitamin-B-Komplex und
Folsäure können neuropathische Schmerzen
– und dazu gehören die Phantomschmerzen –
bekämpfen. Manche Therapeuten empfehlen
auch die Kombination mit Psychopharmaka
(Antidepressiva) oder Entspannungsmethoden. Medikamente, die direkt an den Nerven
wirken, sind beispielsweise Antiepileptika wie
Carbamazepin und Valproinsäure. Auch sie
können positive Effekte haben.
Je nach Schmerzintensität können bei Phantomschmerzen auch unterschiedlich starke
Opiate verordnet werden. Schmerztherapeut
Jansen findet hier die Zusammenarbeit zwischen Patient und einem in der Schmerztherapie erfahrenen Arzt besonders wichtig. Oft
besteht eine unnötige Angst vor der Entwicklung von Abhängigkeiten. Es werden häufig
Kombinationen verwendet, die einerseits aus
Opioiden (morphinähnliche Stoffe) bestehen,
andererseits aus Wirkstoffen, die zusätzlich
die Empfindlichkeit der Nerven dämpfen können, die den Schmerz verarbeiten. Vitamine
werden seiner Erfahrung nach als Schmerzmittel deutlich überschätzt.
Bei rund 70-80 Prozent der Patienten mit
Phantomschmerzen lassen sich mit dieser
Methode die Schmerzen lindern. Nicht alle
Menschen werden schmerzfrei, bei manchen
hilft die Methode leider gar nicht. Aber Menschen wie Egon Griebel, der seit 40 Jahren
doppelt beinamputiert ist, möchten nicht
mehr darauf verzichten. Bei ihm begannen
die Phantomschmerzen erst 20 Jahre nach
seinem Unfall – und sie waren heftig: Am linken Bein beschreibt er einen knochenzerbrechenden Schmerz, am rechten ein Gefühl, als
würden ihn 1000 Ameisen gleichzeitig beißen.
Kein Wunder, dass er starke Schmerzmittel
brauchte. Heute trägt er die Umbrellan-Liner
oder Strümpfe und kommt fast ohne Medikamente aus.
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Methoden ohne Medikamente
Umbrellan: Auf das Ausschalten elektromagnetischer Einflüsse bei der Entstehung von
Phantomschmerzen setzen die Hersteller von
Umbrellan. Dieses Material soll den Stumpf
vor elektromagnetischen Einflüssen abschirmen und Phantomschmerzen ohne Nebenwirkungen reduzieren. Die Idee stammt
übrigens von Prothesenträgern, die auf der
Suche nach einer Lösung für ihre Phantomschmerzen den Stumpf versuchsweise in Alufolie eingewickelt hatten. Die Methode wirkte
gut, sie berichteten darüber und stießen bei
der Medi-Abteilung für Forschung und Entwicklung auf offene Ohren: Die Idee für die
Umbrellan-Liner (medi relax) war geboren.
7( &( &(9( !"#!$ %&
'() *+$ "" "###,+# -) &.
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medizin
Prof. E. Martin-Fiori (l)
und Prof. D. Jeanmonod (r)
am Kinderspital Zürich:
Unblutige Hirnoperation
mit Hochenergie-Ultraschall-System.
Unblutige Hirnoperation: In der Zürcher Universitäts-Kinderklinik arbeitet ein interdisziplinäres Team von Neuroradiologen, Neurochirurgen, Neurophysiologen und Physikern
mit einem neuen Hochenergie-UltraschallSystem für nicht-invasive neurochirurgische
Eingriffe. Es geht also um Operationen, um
chirurgische Eingriffe, bei denen kein Blut
fließt. Die gebündelten Ultraschallwellen
können den Schädel durchdringen, sodass
kein Skalpell oder Bohrer nötig ist. Die Operation wird derzeit nur im Rahmen einer klinischen Phase-I-Studie durchgeführt, einer
so genannten Machbarkeitsstudie. Seit 2008
wurden in diesem Rahmen einige Patienten
mit neuropathischen Schmerzen (z.B. auch
Phantomschmerzen) behandelt.
Wenn man sich die Operation vorstellen will,
muss man zuerst die Abläufe beim Phantomschmerz begreifen: Beim gesunden Menschen sendet die Peripherie (z.B. das Gesicht
oder die Beine) regelmäßig Signale in die
Schaltzentrale im Gehirn (Thalamus). Von
hier aus werden die Signale koordiniert an
die Hirnrinde weitergeleitet, die Rückantwort
vom Großhirn wird wiederum an die Peripherie gesendet. Nach einer Amputation fallen
diese normalen Impulse aus der Peripherie
44
PARAPLEGIKER 2/10
aus. Dadurch werden bestimmte Zentren im
Thalamus unterbeschäftigt und sie beginnen,
selbstständig falsche Signale an die Hirnrinde
zu senden.
An diesen Zentren im Thalamus setzt die neue
Operationsmethode an: An einem Bildschirm
peilen die Operateure um Prof. Ernst Martin
millimetergenau den richtigen Punkt an, wo
die Ursache für den Phantomschmerz sitzt.
Durch die Kombination der MagnetresonanzBildgebung mit fokussiertem HochenergieUltraschall lassen sich nun diese Gebiete im
Thalamus, die den Phantomschmerz verursachen, genau lokalisieren und mit Temperaturen im Zielgebiet von 55 bis 60° C präzise
ausschalten. Wegen des Studiencharakters
der Anwendung werden die Patienten von
den Prüfärzten nach genauen, im Prüfprotokoll festgelegten Richtlinien ausgewählt und
nachkontrolliert. „Es ist zu hoffen, dass diese
Methode nach erfolgreichem Abschluss der
laufenden Testphasen in naher Zukunft zur
klinischen Anwendung gelangt, um vielen leidenden Patienten eine neue Hoffnung geben
zu können“, so Prof. Ernst Martin.
Spiegeltherapie: Mit einem Spiegel kann man
die gesunde Körperseite spiegeln, so dass
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man auf ein Bild von zwei vollständigen Körperhälften blickt. Dieser Trick spiegelt dem
Gehirn vor, der amputierte Fuß oder die amputierte Hand wäre noch vorhanden. Diese
Vorspiegelung falscher Tatsachen hilft vielen
Patienten, die unter Phantomschmerzen leiden. Das lässt sich erklären: Der Phantomschmerz entsteht bekanntlich, weil aus dem
amputierten Körperteil keine Signale mehr in
Richtung Schaltzentrale (Thalamus) gesendet werden. Mit dem Spiegel lässt sich dem
Gehirn aber vorgaukeln, dass die Hand oder
der Fuß noch da ist. Die optische Wahrnehmung eines nicht amputierten Körpers sorgt
dafür, dass eine Art Hilfssignale entstehen.
Dieser Effekt lässt sich verstärken, wenn der
Patient beispielsweise mit dem gesunden Fuß
trainiert und dabei den gespiegelten Fuß beobachtet. Bei diesem Training kommt es nur
darauf an, dass man Sinnesreize spürt: Sand
unter der Fußsohle etwa, eine Haarbürste
oder einen Igelball.
Text: Ruth Auschra
Fotos: medi, Auschra
Weitere Infos
•
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•
Das „inzwischen sicherlich größte ambulante Schmerzzentrum Europas“, so
der Gründer Dr. Jan-Peter Jansen. Positiv: Anfragen per eMail werden gerne
und schnell beantwortet:
www.schmerzzentrum-berlin.de
In diesem Internetforum kann man
alle Fragen zur Schmerztherapie stellen: http://forum.dgk.de
http://www.stolperstein.com
Auch Otto Bock hat selbstverständlich
einen umfangreichen Internetauftritt
(www.ottobock.de), wo man u.a. auf
der Suche nach Adressen von Selbsthilfegruppen fündig wird.
Ein Forum für Amputierte gibt es z.B.
im Rahmen des Internetauftritts der
Orthopädietechniker: www.otworld.de
Der Internetauftritt von Medi ist unter
www.stolperstein.com zu finden:
viele Infos, vor allem (aber nicht nur!)
über Medi-Produkte.
markt
Bauen-wohnen-renovieren:
Alle Türen offen?
Elektrische Garagentor-Öffner sind
längst selbstverständlich. Nur bei
Haus- und Wohnungstüren werden
automatisierte
Ein- oder Durchgänge noch als
Luxus eingestuft.
Dass barrierefreie Zugänge zu Gebäuden und
Gebäudeteilen nicht nur für Körperbehinderte
Vorteile bieten, die auf Gehhilfen oder Rollstuhl
angewiesen sind, verdeutlicht eine Broschüre
des Fachverbandes Türautomation (FTA): Wer
einmal in der Situation war, eine manuelle Tür
öffnen zu wollen und dabei beide Hände voll zu
tun hatte (mit Koffer, Einkaufstasche, Kleinkindern), weiß, wo das Problem liegt. Eine manuelle Tür wird dann zu einem unüberwindbaren
Hindernis. „In unserer Funktion als Fachverband
empfehlen wir Hauseigentümern sowie Betreibern von Hotels, Krankenhäusern und anderen
öffentlichen Einrichtungen, im Zuge von Renovierung und Neubau den Qualitätsstandard der
Barrierefreiheit mit automatischen Türsystemen
sicherzustellen.“ Aufgrund ihrer teilweise hohen
Bedienkräfte können manuelle Türen nicht nur
für Körperbehinderte eine Barriere darstellen,
sondern genauso auch für Ältere, Gebrechliche
oder Kinder ein unüberwindbares Hindernis bilden, erst recht, wenn die Tür mit einem schwergängigen Türschließer ausgestattet ist. „Automatische Türen eröffnen hier ein entscheidendes
Mehr an Lebensqualität.“ Für automatisierte
Türen in Wohnungen und Privathäusern gibt es
grundsätzlich zwei Bauarten: die automatische
Schiebetür und die automatische Drehflügeltür.
Durch die Vielfalt an gestalterischen und planungstechnischen Möglichkeiten können automatische Schiebetüren nicht nur als architektonisch perfekte Ergänzung an jedes Umfeld
angepasst werden. Sie bieten auch größtmöglichen Komfort durch eine ausreichende Dimension mit einer Öffnungsbreite bis vier Meter. Darüber hinaus öffnen sich automatische
Schiebetüren zuverlässig und geräuscharm. Eine
selbstüberwachende Sensorik gewährleistet
ein Höchstmaß an Sicherheit und Begehungskomfort nach DIN 18650 (Automatische Türsysteme). Mit allen erforderlichen Prüfzertifikaten
ausgestattet, dürfen automatische Schiebetüren
auch in Flucht- und Rettungswegen eingesetzt
werden. Moderne Steuerungselektroniken lassen sich an alle möglichen Bedürfnisse optimal
46
PARAPLEGIKER 2/10
Architektonisch perfekt:
Elektrisch öffnende Haustür.
anpassen. Programmiert werden können so unter anderem je nach Jahreszeit unterschiedliche
Türöffnungsweiten und -zeiten, um Warmluft
drinnen und die Kälte ausgesperrt zu lassen.
Drehflügeltür als Alternative
Wenn aber Gänge nicht ausreichend breit sind,
um automatische Schiebetüren zu installieren,
bietet die automatische Drehflügeltür oft die
einzige Möglichkeit, einen barrierefreien Zugang
zu gewährleiten. In der Altbausanierung sind sie
oft die einzig mögliche Lösung, um Gänge und
Durchgänge barrierefrei zu gestalten und gleichzeitig alle Auflagen für Fluchtwege und Brandschutz zu erfüllen. Neben der Geschwindigkeit
des Öffnens und Schließens lassen sich bei den
Drehflügeltüren sämtliche Parameter für die örtliche Umgebung einstellen und an die Belange
der Nutzgruppen anpassen. Der so genannte
„Low energy”- und „Full energy”-Bereich bietet je
markt
nach Einbau- und Nutzersituation optimale Einstellmöglichkeiten. Damit sind Drehflügeltüren
für den Einsatz in behindertengerechten Bereichen besonders geeignet. Sie können entweder über Taster gesteuert und betätigt werden,
oder aber durch berührungslose Sensorik oder
Funkfernsteuerung automatisch öffnen und
schließen. Die berührungslose Sensorik bietet
zusätzlich den Vorteil der absoluten Hygiene. Für
komfortables Begehen sorgen Flügelbreiten bis
1,60 Meter. Der automatische Drehflügelantrieb
kann auch in Flucht- und Rettungswegen eingesetzt und nach DIN 18650 baumustergeprüft und
zertifiziert werden.
Impulsgeber für automatisierte Türen arbeiten
entweder automatisch oder manuell. Je nach
Einsatzort können an ein und derselben Tür auch
beide Typen an Impulsgebern miteinander kombiniert eingesetzt werden. Automatische Impulsgeber werden normalerweise an Türen installiert,
die als öffentlicher Durchgang dienen. Manuelle
Impulsgeber werden an internen Türen und in Situationen eingesetzt, in denen Personen mit den
Örtlichkeiten vertraut sind.
Sicherheit durch Sensoren
Sensoren für Schiebetüren können feststellen, ob
sich Personen oder Objekte in der Nähe der Tür
befinden, und verhindern zuverlässig, dass diese von der sich schließenden Tür eingeklemmt
werden. Auf Wunsch erkennen sie auch sich
bewegende Personen oder Objekte, die sich im
optimalen Näherungsbereich der Tür befinden.
Radarimpulsgeber mit Richtungserkennung können sogar Personen, die sich der Tür nähern von
jenen unterscheiden, die sich von ihr entfernen.
Der Antrieb wird nur ausgelöst, wenn sich eine
Person der Tür nähert. Auch Fotozellen lassen sich
als Impulsgeber für automatische Türen oder als
Erkennungssensoren einsetzen, die ein Schließen
der Tür verhindern. Vor jedem Schließvorgang
wird die Funktion der Fotozelle geprüft. Wenn ein
Fehler erkannt wird, bleibt die Tür offen.
Bei automatischen Drehflügeltüren verbessern
Anwesenheits- und Aktivierungssensoren Sicherheit und Komfort. Durch den Sensor wird sichergestellt, dass die Tür automatisch geöffnet wird.
Gleichzeitig wird jedoch eine unerwünschte Bewegung der Tür verhindert, falls der Sensor während des Öffnens ein Hindernis feststellt. Wird ein
Hindernis während des Schließens festgestellt,
öffnet sich die Tür erneut. Als manuelle Impulsgeber können unter anderem eingesetzt werden:
Tastschalter zur Unter- oder Aufputzmontage im
Innenbereich,
Ellbogenschalter zur Aufputzmontage an Wänden,
Schnurschalter zur Deckenmontage,
Schlüsselschalter zur Unterputz- und Aufputzmontage,
Trittschalter zur Aufputzmontage an Wänden,
Tastplatten zur Unter- oder Aufputzmontage,
Fernbedienung mit Audio-, Funk- oder InfrarotImpulsgebern.
Text: Raimund Artinger
Foto: Marie Artinger
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In Kooperation mit den „Singing Rollis“:
Der nörgelnde Regisseur und seine Assistentin.
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„Holpersteine“ nennt
sich selbstironisch
eine Gruppe von
Mitarbeitern der „Diakonische Leipziger
gGmbH Diakonie am
Thonberg“, die seit
einigen Jahren mit
Spaß an der Freud‘
und viel Engagement
Theater spielt. Handikaps sind dabei
kein Hindernis.
48
PARAPLEGIKER 2/10
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en Zuschauern lief ein eiskalter Schauer den Rücken herunter, als plötzlich ein
fürchterlicher Drache über die Bühne rollte. Alle
bangten mit angehaltenem Atem um das Leben
der kleinen Hexe, der Heldin des Stücks. Doch
wie alle Märchen hatte natürlich auch dieses
Stück ein Happy-End: Unter großer Gefahr besiegten die Haustiere der Hexe das gefährliche
Fabelwesen. Den Drachen stellte Claus-Dieter
dar. Der 50 jährige „Freizeitschauspieler“ arbeitet in einer Werkstatt der Diakonische Leipziger
gGmbH Diakonie am Thonberg am PC. Doch
seit etwa zwei Jahren schlüpft er immer, wenn
es dort etwas zu feiern gibt, in eine andere Haut.
„Zuerst habe ich den ‚Holpersteinen‘ beim Theaterspielen nur zugeschaut. Ich war davon aber
so begeistert, dass ich schließlich fragte, ob ich
auch mitspielen darf“, berichtet Claus-Dieter.
ne:
Natürlich durfte er. „Wir haben überlegt, welche Rollen Claus-Dieter übernehmen kann und
wie wir ihn in das Ensemble integrieren können“, erläutert Matthias Troeger. Claus-Dieter ist
aufgrund einer schweren Tetraparese auf den
Rollstuhl angewiesen. „Handikaps sind bei uns
keine Hindernisse“, so der Förderpädagoge und
Mitarbeiter für Pflege und Assistenz in der Diakonie am Thonberg. „Wir sagen nie ‚es geht nicht‘,
sondern überlegen immer wieder, wie es gehen
könnte.“
Dabei werden die starken Seiten der Schauspieler individuell gefordert und gefördert. Wer zum
Beispiel Schwierigkeiten hat, sich längere Texte
zu merken, bekommt eine kurze oder sogar eine
„stumme“ Rolle. Hat der Autor des Stücks solch
eine Rolle nicht vorgesehen, wird sie einfach dazugeschrieben und in das Stück integriert. „Felix
ist Spastiker. Damit er mitspielen konnte, haben
wir ihn der Hexe als Hausgeist zur Seite gestellt“,
erläutert der Spielleiter ein Beispiel.
Durch das Spiel die Persönlichkeit
weiterentwickeln
Auch für Claus-Dieter entwickelte er zusammen
mit Dipl.-Sozialpädagogin Carola Scheibe vom
Begleitenden Dienst der Einrichtung und der
Ergotherapeutin und Gruppenleiterin Ulrike Zeiler eine originelle Idee: „Mit großen Umhängen
kultur
kommen ins Rolle
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Ein Frosch, ei
n Vogel, ein
Hund und di
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en der Hexe
verwandelten wir seinen Rollstuhl in einen Drachenrumpf. Für Claus-Dieter bastelten wir eine
furchterregende Maske.“ Weil der Akteur sich nur
schwierig artikulieren kann, rezitierten der Spielleiter und Carola Scheibe hinter der Bühne für ihn
den Text.
zur Seite.
Schauspielerei interessiert sich der junge Mann
für Musik, Literatur und Filme. Nach einem PCAufbaukurs möchte Patrick eine kaufmännische
Ausbildung beginnen.
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Ungefähr vier Jahre ist es her, als die „Holpersteine“ im wahrsten Sinn des Wortes ins Rollen kamen. Carola Scheibe: „Bei der Vorbereitung des
Sommerfestes 2006 beschlossen wir, das gesellige
Beisammensein von über hundert behinderten
Mitarbeitern durch Sketche etwas aufzupeppen.“
Noch besser – so die Überlegung – wäre es natürlich, wenn verschiedene Darsteller die witzigen
Dialoge vortragen könnten. In den Werkstätten
wurden nun einige Mitarbeiter gefragt, ob sie
mitwirken möchten. Andere bewarben sich nach
einer Einladung am Schwarzen Brett.
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„Es bildete sich ein harter Kern von etwa zehn
Bühnendarstellern, die in Leipzig und Umgebung
auch schon auf öffentlichen Veranstaltungen aufgetreten sind“, berichtet Matthias Troeger. Einige
hätten aufgegeben, andere – ähnlich wie ClausDieter – seien erst später hinzugekommen. Auch
Patrick ist ein „Newcomer“. Ursprünglich wollte
der 24-Jährige bei den „Singing Rollis“ der Diakonie am Thonberg mitsingen. Doch dann überlegte er es sich anders: „Durch Theaterspielen
kann man Erfahrungen machen und seine Persönlichkeit weiterentwickeln“, so Patrick. Aktuell
spielt er im „Tierhäuschen“ den Fuchs. Neben der
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Jeder bringt seine Ideen ein
Märchen, Kinderbücher und andere Quellen inspirieren das Ensemble immer wieder zu neuen
Produktionen. „Ich verstehe mich nicht als Starregisseur, sondern jeder Akteur soll sich und seine
Ideen aktiv einbringen“, unterstreicht Matthias
Troeger. Für das nächste Sommerfest hat sich das
Ensemble etwas ganz Besonderes ausgedacht:
Die Schauspieler sollen Filmplakate in Szene
setzen und sich fotografieren lassen. In der Abteilung für Mediengestaltung der Diakonie am
Thonberg sollen die Fotos dann als Vorlagen für
ein Quiz bearbeitet werden. Natürlich diskutieren die Mimen nun darüber, wer vor der Kamera
welchen Filmstar wie in welchem Kassenschlager
mimen soll.
Für Steven und einige andere männliche „Holpersteine“ ist „Krieg der Sterne“ ein Thema. Der
22-Jährige stand ebenfalls schon als Schüler auf
den Brettern und ist seit Ende 2007 Ensemblemitglied. Im „Tierhäuschen“ gibt er den Hahn. Ein anderes Mal übernahm er die Rolle eines Puppen-
Nach dem Happy-End
50
PARAPLEGIKER 2/10
präsentiert sich das
spielers, der im Umgang mit Stabpuppen einiges
Geschick bewies. Tolle Idee, für das Plakat eines
Science-Fiction-Films zu posieren, meint Steven.
Doch wie kann man die Szene mit möglichst einfachen Requisiten darstellen? Die Schauspieler
haben bis zum nächsten Übungsnachmittag in
einer Woche einige harte Nüsse zu knacken.
Auch Falk findet den „Krieg der Sterne“ echt cool.
Der 24-Jährige ist rhetorisch sehr gewandt. Kein
Wunder, dass er bei den „Holpersteinen“ schon
fast ein „Urgestein“ ist. Im „Tierhäuschen“ verkörpert er den Bär, der zusammen mit dem Fuchs
und dem Wolf in ein Haus eindringt, in dem der
Igel, die Maus, der Hahn und der Frosch friedlich
zusammenleben. Die Moral von der Geschichte: Ähnlich wie seinerzeit den Bremer Stadtmusikanten gelingt es auch in diesem Stück den
schwächeren, aber klugen Tieren, die Störenfriede zu vertreiben.
Text: Reinhard Wylegalla
Fotos: Diakonie am Thonberg
Ensemble dem appla
udierenden Publikum.
kultur
Karikaturen von Philipp Hubbe in Heidelberg
Gefesselt und geknebelt
Kann man die Situation von Behinderten in Karikaturen darstellen?
Man kann, ganz ohne Peinlichkeiten und mit erfrischender Komik.
Das beweist jedenfalls der selbst mit einer Behinderung lebende
Cartoonist Philipp Hubbe, dessen Arbeiten in einer Ausstellung
in Heidelberg zu sehen waren.
„Wie geht es ihm?“ fragt die Dame mit Knautschhütchen und Handtasche, hinter vorgehaltener
Hand und mit besorgter Miene. „Er“, dem die
Frage gilt, sitzt im Rolli und ist durchaus wachen
Geistes. Aber die nette Dame fragt lieber über
ihn hinweg seinen Begleiter, der hinter dem Rolli steht. Die Antwort des tatsächlich Gemeinten
lässt nicht lange auf sich warten: „GUT! Wenn Sie
mich so indirekt fragen“, schreit „er“ durch die
Flüstertüte. Und die herzensgute Dame verliert
darob vor Schreck ihre Contenance.
Philipp Hubbe spießt mit Karikaturen wie dieser
Alltäglichkeiten auf, die im Leben von Behinderten (immer noch) eine Rolle spielen: Zum
Beispiel auf einer falschen Ebene angesiedeltes
„Verständnis“ und Mitgefühl“ von Fußgängern
für Menschen, die im Rollstuhl sitzen oder, wie es
hartnäckig in den Medien zu lesen oder zu hören
ist, „an den Rollstuhl gefesselt“ sind. So als ob sie
mit dicken Seilen bis oben hin zugeschnürt seien
– auch dieses Bild lässt sich der Cartoonist nicht
entgehen, steckt dem Rolli sogar noch einen Knebel in den Mund und veranlasst zwei ältere Damen zu den mitleidsvollen Worten: „Schlimm, so
an den Rollstuhl gefesselt“.
Präsentation mit Schwächen
Mehr Beispiele von Philipp Hubbes bestürzend
gültigen und erfrischend komischen zeichnerischen Übertreibungen waren kürzlich in einer
Ausstellung in Heidelberg zu sehen, die der Beirat
für Menschen mit Behinderungen (bmb) der Stadt
unter der Schirmherrschaft von Oberbürgermeister Eckart Würzner im Kundenzentrum der RheinNeckar-Verkehr GmbH (RNV) am Hauptbahnhof
veranstaltete. Den Hintergrund bildeten die vom
Beirat organisierten Heidelberger Aktionstage
2010 von Menschen mit Behinderungen. Das
kommunale Gremium vertritt – beratend – die
Interessen der über 20 000 in Heidelberg lebenden Menschen mit Behinderung und chronischer
Erkrankung.
Dass man als Ausstellungsort das Kundenzentrum der Straßenbahn- und Busverkehrsbetriebe
gewählt hat, mag seinen Grund darin haben,
dass in Heidelberg schon seit längerem ein relativ
PARAPLEGIKER 2/10
51
kultur
gutes Angebot für mobilitätseingeschränkte
Fahrgäste besteht. Busse sind in der Regel
mit Rampen und Rollstuhl-Liften ausgestattet, und in den letzten Jahren wurden die älteren Straßenbahnen mehr und mehr durch
Niederflurfahrzeuge ersetzt. Auch die Anzahl
der Hochbahnsteige (30 Zentimeter) hat zugenommen, während hingegen der zentrale
Umsteigeort der Stadt, der Bismarckplatz, immer noch voller Barrieren ist. Hier geschieht
seit Jahren – nichts.
Schwarzer
Humor mit
Behinderten?
Das geht doch
nicht, werden
manche sagen,
die sich dem
reichlich überflüssigen Begriff
der „political
correctness“
verpflichtet
fühlen.
52
Die Ausstellung zeigt 14 Karikaturen von
Philipp Hubbe, leider nicht im Original, sondern nur als Ausdruck von Dateien – von einer
künstlerischen Präsentation darf man mehr
erwarten. Zudem haben die Veranstalter die
Exponate recht phantasielos gehängt und auf
die Vorder- und Rückseite zweier Stellwände verteilt, die wie Info-Wände in der Mensa
aussehen. Der besondere Humor Hubbes
bleibt trotz solcher Hindernisse glücklicherweise nicht auf der Strecke. Er ist nicht selten
schwarz, was dem Gegenstand keineswegs
abträglich ist. Schwarzer Humor mit Behinderten? Das geht doch nicht, werden manche
sagen, die sich dem reichlich überflüssigen
Begriff der „political correctness“ verpflichtet fühlen. Philipp Hubbe antwortet solchen
Bedenkenträgern auf seine (entwaffnende)
PARAPLEGIKER 2/10
kultur
Weise, nämlich mit einem Cartoon, auf dem der
Zeichner entgegnet „Äh…wäre grün besser?“
„Stehplatz oder Sitzplatz?“
Mit seinen spezifischen Mitteln – spitzer Feder,
genauer Wahrnehmung und hintergründigem
Witz – lenkt er in gekonnter Weise die Blicke auf
etwas, das vielen Menschen im Umgang mit Behinderten gar nicht bewusst ist. „Stehplatz oder
Sitzplatz?“ fragt die Kassenfrau den Rolli am Eingang zum Fußballstadion. Treffender kann die
karikaturistische Aussage über unsere alltägliche
Gedankenlosigkeit kaum sein, und sie umgeht
die belehrende Geste.
Hubbe nimmt mit seinen Arbeiten aber nicht nur
das Verhalten der Umwelt der Behinderten aufs
Korn, sondern treibt seinen Humor auch mit sich
selbst und seiner eigenen Behinderung. 1985 erkrankte er an Multipler Sklerose. Freunde und Kollegen ermutigten ihn, die Krankheit zum Thema
von Cartoons zu machen. So entstand etwa jener
mit dem Titel „MS Rainer“: Bei der Mitteilung, er
habe „MS“, hält der Patient das zunächst für die
Abkürzung von „Motorschiff“ und phantasiert
dazu den Namen Rainer, bevor der Arzt ihn aus
seinem Traum mit bereitgestellten Rolli und Krücken unsanft weckt. Die Selbstironie ist in diesem
Fall auch (s)eine Stärke. Und Hubbe bezieht auch
Blinde, Prothesenträger und Taubstumme in seine Karikaturen mit ein, ohne bestimmte Grenzen
zu überschreiten. Hinter den Zeichnungen steckt
ein Augenzwinkern, nie ein bloßes Sich-LustigMachen.
Vorrangiges Ziel des Veranstalters der Ausstellung, des Beirates von Menschen mit Behinderungen, ist es generell, den Dialog zwischen
Menschen mit und ohne Behinderungen zu verbessern. Die eher lieblos gemachte Präsentation
der Karikaturen, an der der Künstler selbst nicht
beteiligt war, lud nicht unbedingt dazu ein.
Text: Arndt Krödel
Illustrationen: Philipp Hubbe
Philipp Hubbe
Der Karikaturist wurde 1966 in Haldensleben (Sachsen-Anhalt) geboren. Nach
Abitur, Grundwehrdienst und abgebrochenem Mathematikstudium in Magdeburg arbeitete er in einem Keramikwerk
und als Wirtschaftskaufmann, war aber
nach eigenen Worten „eigentlich schon
immer Zeichner“. In dieser Funktion ist
er regelmäßig für Tageszeitungen, Zeitschriften und Anthologien sowie für den
MDR und ZDF-online tätig. Auszeichnungen: 3. Preis des Deutschen Preises für
die politische Karikatur (2002), Hertie-Preis
für Engagement und Selbsthilfe (2006).
Verschiedene Buchveröffentlichungen,
zuletzt 2009 „Das Leben des Rainer – Behinderte Cartoons 3“. Zahlreiche Ausstellungen, darunter mehrfach „Mit Behinderungen ist zu rechnen“.
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technik
Audi A5 Sportback TDI quattro mit VEIGEL-Technik
Praktische Eleganz
Der klassische Audi-Slogan „Vorsprung durch
Technik“ wird beim A5 Sportback TDI quattro
eindrucksvoll bestätigt: Das Auto ist technisch ausgereift, sicher und ausgesprochen schön – wenngleich letzteres natürlich Geschmacksache ist.
Elegantes Auto
mit vielen technischen
Qualitäten: Der Audi A5 Sportback.
S
VEIGEL-Classic-Handbedienung mit
Commander, ab Werk lieferbar.
Das sportliche Cockpit zeigt u.a., wenn
Fahrertür und Heckklappe geöffnet sind.
Sicher ist sicher:
Einsteckbare Pedal-Abdeckung von VEIGEL.
54
PARAPLEGIKER 2/10
chönheit hin oder her, wichtig bei
einem Auto ist letzthin immer noch,
wie man mit ihm fahren kann. Und da gab
es bei der 185 Kilometer langen Fahrprobe
in Städten und Dörfern, auf Autobahnen,
Bundes- Landstraßen und Feldwegen,
mit guten Belägen, aber auch mit Schlaglöchern oder Schotter grundsätzlich sehr
gute Erfahrungen.
Für jemanden wie mich, der Zweitürer
mit breiten Türausschnitten und weit
zu öffnenden Türen gewohnt ist, gibt es
beim Einstieg in den Viertürer Probleme.
Mit dem Übersetzen klappt es trotz des
engen Raumes noch einigermaßen, zum
Auseinandernehmen des Rollstuhls fehlt
es dann aber ebenso deutlich an Platz wie
beim Zusammenbau vor dem Aussteigen.
Zudem wäre es bei der Enge sehr sinnvoll,
die ausgeprägten Seitenschweller abzukleben und der sehr elegant wirkende
weiße Dachhimmel sollte besser schwarz
sein: ansonsten werden bald unschöne
Rollstuhl-Spuren die Schönheit dieses Autos mindern.
Wenn man dann aber den Rollstuhl leicht
hinter den durch die spezielle VEIGELTechnik modifizierte und damit weit vor-
klappbare Lehne des Beifahrersitzes verstaut hat, beginnt
der Genuss. Der vielfältig verstellbare Leder-Fahrersitz ist ausreichend bequem und bietet guten Seitenhalt. Wenn
man sich dann im Innenraum umschaut,
ist man zunächst verwirrt durch die Vielzahl der Hebel, Knöpfe, Schalter, Tasten und
Anzeigen. Eine kurze Einweisung und eine
gemeinsame 40-Kilometer-Fahrt mit dem
Überbringer des Autos, dem Fahrlehrer Dieter Hendel aus Kupferzell im Schwäbischen
brachte Klarheit über die wichtigsten Bedienelemente. Den Rest der logisch selbsterklärenden Audi-Technik habe ich dann
schnell begriffen.
Der A5 hat eine schlüssellose Bedienung
für Türen, Heckklappe und Anlasser. Der
Schlüssel kann also sicher in irgendeiner
Tasche der Kleidung oder an einem Umhängeband verwahrt werden. Gestartet wird,
indem man die Bremse betätigt – in diesem
Fall mit der aus vielen Gründen sicheren
und bequemen „Classic“-Handbedienung
von VEIGEL – und dann den auf der Mittelkonsole angebrachten Starterknopf drückt.
Leise und spurtstark
Dass der Motor ein Diesel ist, hört man
kaum, das Leerlauf-Geräusch ist eher leise.
Man zieht dann den Wählhebel auf der Mittelkonsole in die Automatik-Position und
technik
der Audi fährt an, langsam oder gleich im Spurttempo, je nachdem, wie schnell und wie weit man
den ergonomisch gut in der Hand liegenden Griff
der Handbedienung um die eigene Achse dreht.
Auffällig ist die absolut ruckfreie schaltende Automatik beim Wechseln der sieben Vorwärtsgänge, man merkt dies lediglich am gut ablesbaren
Tourenzähler. Der liegt gleichgroß zum Tacho im
Blickfeld, dazu wechseln situationsbedingt etliche
andere Anzeigen und nützliche Informationen auf
einem Display zwischen diesen beiden Instrumenten.
Der Audi war der erste moderne Diesel-PKW, mit
dem ich gefahren bin. An eher hochdrehende
Benziner gewöhnt, war ich geradezu verblüfft
über die niedrigen Drehzahlen, mit der sich dieses
Auto bewegte. Bei ruhigen 80 km/h im Automatik-Modus wurden teilweise nur 1 200 Touren
angezeigt. Es gibt bei diesem Auto aber auch die
Möglichkeit, manuell mit dem DoppelkupplungsGetriebe (DSG) zu schalten, ohne eine Kupplung
betätigen zu müssen. Das wird erreicht, indem
man den Wählhebel aus der Automatik-Stellung
einfach nach rechts drückt. Man kann dann mit
dem Wählhebel bis zum siebten Gang hoch oder
in den ersten runterschalten. Ein Überdrehen des
Motors ist aber durch rechtzeitiges automatisches
Hochschalten unmöglich. Der rote Bereich des
Drehzahlmessers beginnt bei 4 500 Touren. 5 000
werden bei Vollgas extrem schnell erreicht, wofür
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man die VEIGEL einfach bis zum Anschlag dreht.
Die 100 km/h wurden gefühlt schneller erreicht als
in den vom Werk angegebenen 6,3 Sekunden, die
Le Mans-Diesel-Siege von Audi grüßten freundlich. Interessant dabei ist, dass so ein extremer
Spurt total unspektakulär erfolgt. Keine durchdrehende Räder beim Quattro, kein brüllendes
Motorgeräusch. Das überragende Spurtvermögen
Die umgebaute Beifahrersitzlehne
lässt sich
leicht und weit
umlegen.
des Audi ermöglicht neben der Freude daran auch
das schnelle und damit sichere Überholen anderer
Fahrzeuge. Die von Audi angegebene Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h habe ich nicht getestet, zweifle allerdings aufgrund der anderen Werte
aber nicht daran.
Ausgesprochen praktisch kann das mit dem
Tempomat gekoppelte Abstand-Radar sein, so
technik
beispielsweise bei Kolonnen-Fahrten, ruhigen
Fahrten auf der Autobahn oder in Staus. Ich
habe diese leicht zu bedienende Technik mal
auf etwa 20 Kilometern hinter einem Lastzug
auf einer kurvenreichen Bundesstraße getestet,
es war faszinierend. Die eingestellten etwa 20
Meter zum Lastzug wurden eingehalten, auch
bei einigen Ortsdurchfahrten, in einem engen
Kreisverkehr und einer 90-Grad-Kurve. Angenehm ist auch die Spracheingabe, mit der man
beispielsweise das sehr gute Navi des Audi während der Fahrt sicher bedienen kann.
Die weit öffnende Kofferraumklappe kann mit dem Spannrollen-Gurt von VEIGEL zugezogen werden.
Technische Daten
Motor
6-Zyl.-Diesel, 240 PS / 176 kW
Getriebe
7-Gang-Automatik (DSG)
Länge/Breite/Höhe
471/185/139 cm
Leergewicht
1 720 Kilo
Wendekreis
11,5 Meter
Spurt auf 100 km/h
6,3 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit
etwa 250 km/h
Tank-Volumen
64 Liter
Praxis-Verbrauch
6-7 Liter Diesel
56
PARAPLEGIKER 2/10
Auf den kurvenreichen und kaum befahrenen
Straßen in der hügeligen Umgebung von Bad
Wildungen lernt man die sicheren Qualitäten
des Quattro-Fahrwerks schätzen. Selbst schnell
gefahrene Bergab-Kurven werden gemeistert,
ohne dass die Hände an dem nur 38 Zentimeter
Durchmesser messenden und sehr griffigen Leder-Lenkrad feucht werden. Man kann im Audi
durch einfachen Druck auf Mittelkonsolen-Tasten unter drei Fahrprogrammen für Motor, Getriebe, Lenkung und Dämpfung wählen, auch
während der Fahrt. Die Stufe COMFORT erklärt
sich durch den Namen und bietet komfortables Fahren auch auf schlechten Wegstrecken.
Im Modus DYNAMIC wird der Straßenzustand
spürbar, was bei sportlicher Fahrweise durchaus Freude machen kann. Dazwischen liegt der
AUTO-Modus.
Gut bedienbar
Wirklich komfortabel und zudem sicher ist die
Classic von VEIGEL. Der Unterarm kann ruhig auf
der Mittelkonsole ruhen, zum Gasgeben wird lediglich das Handgelenk gedreht. Den linken Ellenbogen kann man – mit der Hand am Lenkrad
– entspannt auf die Konsole der Fahrertür legen.
Praktisch und ein Beitrag zur Sicherheit ist der in
die VEIGEL-Classic integrierte „Commander“, mit
dem sich Blinker, Warnblinker, Scheibenwischer
und Lichthupe sehr einfach schalten lassen. Gut
bedienbar ist das Navigations-System im Audi.
Direkt im Blickfeld hat man beispielsweise die
Kilometer-Angaben bis zur nächsten Abbiegung und bis zum Ziel, dazu die berechnete
Ankunftszeit. Die aktuelle Position und die noch
zu fahrende Strecke kann man auf der Farbkarte
im großen Bildschirm gut erkennen. Praktisch ist
auch die zentral sichtbare Anzeige der noch zur
Verfügung stehenden Kilometer. Die komplette
Tankfüllung reicht bei normaler Fahrweise für
annähernd 1 000 Kilometer, so dass man sich
nicht so oft über die hohen Spritpreise ärgern
muss.
Eine bemerkenswerte Sicherheits-Technik des
Audi bei Autobahn-Fahrten ist eine in den Außenspiegel-Haltern angebrachte Leuchtanzeige. An der sieht man, wenn sich ein Fahrzeug
links oder rechts im toten Winkel des Spiegels
befindet und deshalb nicht sichtbar ist. Wenn
man dann den Blinker in diese Richtung setzt,
wird man durch schnelles Blinken der Anzeige
auf die Gefahr des Fahrbahnwechsels hingewiesen. Und auch eine weitere Innovation ist interessant, die „elektromechanische Parkbremse“.
Betätigt wird sie praktischerweise mit einem
Schalter auf der Mittelkonsole. Wer den Audi A5
Sportback bestellt, kann ihn im Audi-Werk in Ingolstadt direkt mit den VEIGEL-Aggregaten ausrüsten lassen und komplett umgerüstet geliefert bekommen. Dies hat den Vorteil der vollen
Audi-Garantie, auch für die VEIGEL-Aggregate.
Bei anderen Herstellern entfällt die Garantie,
wenn bei Fremd-Umrüstungen die Elektronik
berührt wird.
Ein Auto wie der Audi A5 Sportback TDI quattro ist nicht zum Schnäppchenpreis zu haben.
Umfassende Informationen über Audi und den
hier vorgestellten A5 Sportback und die individuelle Zusammenstellung mit allen Extras und
Preisen gibt es im „Konfigurator“ bei www.audi.
de. Der dann ermittelte Preis kann aber um 15
Prozent reduziert werden, bei Audi gibt es Rolli-Rabatt. Informationen über die Rolli-Produkte
von Veigel sind bei www.veigel-automotive.de
zu sehen.
Als Fazit bleibt festzuhalten, dass Audi seinen
Ansprüchen hier voll gerecht wird. Zwar ist ein
Viertürer nicht das ideale Auto für diejenigen,
die ihren Rollstuhl selbst verladen, aber Audi
hat natürlich auch viele sehr attraktive Zweitürer, bis bin zum sagenhaften R8...
Text & Fotos:
Hermann Sonderhüsken
hilfsmittel
Sitzkissen Hybrid Elite von Etac:
Das Beste aus zwei Welten
Es gibt behinderte Menschen, die
für ihren Rollstuhl kein Spezialkissen brauchen. Die meisten aber sind
dringend darauf angewiesen. Dafür gibt es viele Gründe.
E rst
einmal
m u s s
das
Kissen im Rollstuhl
Druck aufnehmen und
verteilen. Wir wissen alle,
dass Sitzen auf Dauer nicht optimal ist, aber schließlich wird nicht danach gefragt, wenn ein Mensch durch eine Behinderung
auf den Rollstuhl angewiesen ist. Die Unterseite
unseres Gesäßes ist eben nicht flach und leider
oft auch nicht optimal gepolstert. Es gibt da Problemzonen in Form der Sitzbeinhöcker, der beidseitig unteren scharfen Knochenenden unserer
typisch menschlich unvollkommenen Hüftkonstruktion. Hier und evtl. noch am Steißbein baut
sich Druck auf, der bei Nichtbeachtung zu bösen,
im Endergebnis dann lebensbedrohlichen Hautschäden (Dekubitus) führen kann. Leider ist es
hier nicht getan nur ein weiches Ruhekissen unterzulegen. Das sitzt sich durch und das Ergebnis
ist am Ende ebenso ungesunde Härte.
Zur Druckvermeidung bewährt hat sich das
ROHO-Kissen. Es reduziert auch die im Geheimen
wirkenden Scherkräfte, die vergleichbar sind mit
denen, die einen Luftballon platzen lassen, wenn
man ihn mit den Händen walkt – so was kann
also nicht gesund sein. Der hintere Teil des neuen Hybrid-Kissens sieht aus wie ein ROHO – zum
größten Teil diese gummiweichen, aber formspitzen Kegel, die voll aufgeblasen Schokoküssen ähneln. Um den Druck optimal zu verteilen
wird aus dem vorher mittels mitgelieferter Luftpumpe gefüllten Kissen Luft abgelassen, bis nur
noch gut ein Fingerbreit Raum zwischen dem
am tiefsten liegenden Knochenende und Sitz
liegt. Dieses Verfahren erfordert eine fachliche
Einweisung!
Die Jay-Technik ist beliebt bei Rollstuhlnutzern,
denen es auf Druckverteilung und Sitzstabilität
ankommt, zum Beispiel im Sport. Viele verwenden es aber auch im Alltag. Die Sitzschale besteht aus festem haltgebendem Schaumstoff.
Dazu kommen je nach Modell Auflagen,
die mit einem „Fluid“ gefüllt sind,
das sich der Körperform
anpasst, aber nicht fließt,
sondern etwa wie Sand
am Strand eine angepasste Form einnimmt und hält.
Dadurch entsteht eine unterstützende Sitzauflage, die auch den Druck
gut verteilt.
Zwischen diesen beiden Sitzsystemen gibt es
keine Qualitätsunterschiede. Sie sind beide gut
durchdacht und funktionieren. Worauf man
langfristig besser sitzt kann nur die eigene Erfahrung aussagen. Vom Konzept her bringt ROHO
optimale Entlastung bei gleichzeitig guter Hinterlüftung, Jay Druckverteilung bei stabiler Positionierung. Eigentlich logisch, dass in der Praxis
daraus ein gutes gemeinsames Konzept werden
kann.
Nach einigen Wochen Sitzprobe kann ich das
bestätigen. Die Jay-Sitzschale ist ergonomisch
sinnvoll ausgeformt und führt zu aufrechter Haltung. Die ROHO-Auflage nimmt jeden Druck von
den Knochen. Es wird nie ganz einfach sein, die
richtige Menge Restluft im ROHO zu lassen, das
muss man üben. Wenn man nicht ganz gerade
sitzt werden sich Auflagen beim Jay mit der Zeit
verschieben, gelegentliche Kontrolle (spätestens
beim Bezugwechsel) ist also angesagt. Die Kombination beider Systeme ergibt tatsächlich ein
Kissen, das den Titel „Das Beste aus zwei Welten“
verdient. Das „Hybrid Elite TM“ entlastet die Haut
und gibt untadeligen Halt. Schön, dass die beiden Konzepte zueinander gefunden haben.
Vertrieb: Etac GmbH, Marl. Garantie 24 Monate,
Preis 490 €, zzgl. MwSt. Infos unter www.etac.de.
Text: Peter Mand
Foto: Hersteller
PARAPLEGIKER 2/10
57
bericht
Abmeldungen bei betreutem Wohnen:
Selbstständigkeit
durch Zuzahlungszwang?
Die kürzlich auf einer Tagung in Fulda vorgestellten Ergebnisse einer Studie zeigen
unter anderem, dass einige Menschen mit
Behinderungen von einem Ausscheiden aus
der Betreuung profitierten. Der Abmeldung
vorangegangen war die Ankündigung, sie
für die Kosten der Betreuungsleistungen
künftig selbst heranzuziehen.
derten Menschen waren es 10,3 Prozent, die zu den
vom LWV geforderten Zuzahlungen nicht bereit
waren, doppelt so viele (20,7 Prozent) meldeten sich
in der Gruppe der Menschen mit seelischer Behinderung ab. Etwas niedriger (zwischen 5 und knapp
7 Prozent) lag die jeweilige Quote bei den übrigen
Betreutengruppen: Menschen mit geistiger Behinderung, Aids- und Suchtkranke.
Fragen der Wissenschaftler
W
Erforschte die Effekte
einer Abmeldung vom
betreuten Wohnen: Prof.
Reinhard Peukert
as war passiert? Der Landeswohlfahrtsverband Hessen (LWV) hatte im Jahr 2005 all
jenen behinderten Klienten einen Brief geschrieben, die das Angebot des betreuten Wohnens in
Anspruch nahmen. Genauer müsste es „betreutes
Einzelwohnen“ heißen: Jemand wohnt in seiner eigenen Wohnung und erhält dort regelmäßig Hilfe
von einer Fachkraft. Die Wohnung wird von einem
Träger angemietet, aber der Betreute ist trotzdem
der primäre Mieter. Doch zurück zum Brief. Den
Adressaten wurde darin mitgeteilt, dass diese ab
jetzt mit ihrem Einkommen und Vermögen für die
Kosten der Betreuung herangezogen werden.
Als Financier des betreuten Wohnens ging der LWV
also sozusagen„ans Eingemachte“ seiner Leistungsempfänger, wie das unser„Sozialstaat“ auch erst mal
macht, wenn jemand Hartz IV beantragt. Beim LWV
handelt es sich um einen Zusammenschluss der
hessischen Landkreise und kreisfreien Städte. Die
Einrichtung mit Sitz in Kassel ist überörtlicher Träger der Sozialhilfe und unter anderem zuständig für
die Unterstützung und Förderung von behinderten
und kranken Menschen in sozialer und materieller
Not. Und auch beim betreuten Wohnen geht es ja
um Sozialhilfe, da die Behindertenhilfe gesetzlich
in der Sozialhilfe angesiedelt ist. In den meisten
anderen Bundesländern werden die Angebote für
Behinderte ähnlich organisiert wie in Hessen.
Als Konsequenz des besagten „blauen Briefs“ der
LWV kam es zu Abmeldungen seitens der betreuten Klienten. In der Gruppe der körperlich behin-
58
PARAPLEGIKER 2/10
Sechs Monate später nahmen Wissenschaftler und
Studierende der Hochschule Rhein-Main in Wiesbaden und der Hochschule Fulda (die einen gemeinsamen Masterstudiengang „Gemeindepsychiatrie“
anbieten) den Vorgang genauer unter die Lupe: Sie
wollten wissen, welche Effekte sich aus den Abmeldungen für die bisherigen Nutzer (und die Träger)
des betreuten Wohnens ergeben haben. Das Forschungsprojekt unter der Leitung von Prof. Reinhard
Peukert, Fachbereich Sozialwesen der Hochschule
RheinMain, startete eine Fragebogenerhebung bei
allen Betroffenen, von denen sich letztlich 20 Prozent (144 Abmelder) rückmeldeten – unter den gegebenen Bedingungen ist das relativ viel.
Zwei Jahre später, 2008, wurde bei den Befragten
noch einmal „nachgehakt“, und gegenwärtig läuft
gerade die dritte Nachfrage. Für Prof. Reinhard
Peukert war das „endlich mal eine naturalistische
Studie“, denn als Experiment ist eine solche Untersuchung ja nicht möglich, bei der man herausfinden
will, was bei Menschen eigentlich vorgeht, die heute
noch eine Betreuung haben (von deren Notwendigkeit sie und auch ihre Betreuer fest überzeugt sind)
und morgen auf einmal „draußen“ sind.
Als Ergebnis der Interviews zeigte die Studie – Auftraggeber war der LWV, auch die Landesarbeitsgemeinschaft (LAG)-Wohnen Hessen war an der
Finanzierung beteiligt – unter den Abmeldern vom
betreuten Wohnen „Gewinner“ und „Verlierer“: Es
mag überraschen, aber für 20 Prozent der Befragten
bericht
war die angekündigte Heranziehung für die Kosten
mit der Folge der Abmeldung gewissermaßen ein
„Glücksfall“. Sie äußerten deutlich, dass es für sie
an der Zeit gewesen sei, sich abzumelden, denn es
ging ihnen nach der Abmeldung besser als vorher.
So hatte ihnen der Brief des LWV sozusagen einen
„Schubs“ gegeben, wie Studienleiter Reinhard Peukert es formulierte, der notwendig war, denn von
sich aus hätten sie mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Anstalten zum Beenden des betreuten Wohnens
gemacht. Bisher hatten sie ja geglaubt, die Betreuung zu brauchen.
tisch niedriger sind als für Hartz IV-Empfänger. In der
Bund-Länder-Kommission bemüht man sich, so der
Wissenschaftler, gegenwärtig darum, eine einkommensunabhängige Leistungserbringung in der Behindertenhilfe zu schaffen.
Eine der Folgerungen aus den Ergebnissen der Studie: Das betreute Wohnen muss von allen Beteiligten
als zeitlich begrenzte Hilfe verstanden werden, deren
Beendigung deutlich zu markieren ist. Gegebenenfalls noch erforderliche Hilfen sollten als unspezifische und leicht zugängliche Assistenz angeboten
werden.
Situation teilweise noch verschlechtert
Auf der anderen Seite standen die „Verlierer“: Als solche sahen sich etwa ein Drittel der Befragten, für die
sich die Abmeldung keineswegs positiv auswirkte,
sondern ihre Situation noch verschlechterte. Es handelte sich dabei um diejenigen, die sich ausschließlich aus finanziellen Gründen abgemeldet haben.
Hier war die Androhung, für die Kosten herangezogen zu werden, der ausschlaggebende Punkt, wie
Peukert erläuterte. Zu den Abmeldern zählten im
Übrigen auch Menschen, die gar nicht herangezogen worden wären. Ein weiteres interessantes Ergebnis: Sechs der so genannten Verlierer zählen sich
im Abstand von zwei Jahren zu den Gewinnern und
sind heute stolz über die gewonnene Selbstständigkeit. Hier hat sich die positive Entwicklung aufgrund
des Ausscheidens aus dem betreuten Wohnen erst
später eingestellt.
Ist aber nicht gerade bei behinderten Menschen eine
generelle Sorge vorhanden, ein angespartes Vermögen zu verlieren – weil dies eine Art Versicherung
für mögliche Notzeiten darstellt? So lauteten auch
genau die Aussagen von Befragten, bestätigte Peukert. Einige von ihnen äußerten in den Interviews,
über ein kleines Vermögen zu verfügen, das sie sich
eigentlich als Alterssicherung auf die Seite gelegt
hätten, und deshalb wurde die Heranziehung zu
den Kosten des betreuten Wohnens offensichtlich
als eine relativ massive Bedrohung empfunden.
Der LWV handelte, wie schon gesagt, nach Gesetzeslage, und eben diese ist in diesem Fall nicht stimmig:
Peukert bezeichnete es als einen „sozialrechtlichen
Fehler“, dass die Behindertenhilfe wie Sozialhilfe
gehandhabt wird. Ein besonderes Problem besteht
auch darin, dass die Grenzen der Freibeträge für die
Leistungsempfänger im betreuten Wohnen dras-
Was aus der Studie nicht direkt hervorgeht: Nachdem
die Zuzahlung eingeführt wurde, sind viele Betroffene
– Peukert spricht von 20 Prozent –, die eigentlich sinnvollerweise das betreute Wohnen in Anspruch nehmen
würden, nicht mehr bereit, das zu tun. Es besteht ein
Bedarf, der unter den gegebenen Bedingungen nicht
befriedigt wird.
Text: Arndt Krödel
Foto: privat
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markt
Neuer Hebelantrieb für Aktivrollstühle
Grundsätzlich
hat der
Antrieb eines Rollstuhles über den Greifreifen
seine Grenzen. Der Antriebsradius und damit
der erreichbare Vortrieb
ist abhängig von der
Armlänge und den Möglichkeiten sich nach vorne
zu beugen. NuDrive ist
dagegen ein unkonventioneller Hebelantrieb für
manuelle Rollstühle, der nach sechs Jahren intensiver Forschung und
Entwicklung seit Januar auf dem deutschen Markt ist. Das System besteht aus je einem Radadapter und einer Antriebseinheit pro Rad. Die
Montage ist sehr einfach. Der NuDrive wird an den vorhandenen Rollstuhl adaptiert. Er ist für alle gängigen 24“ Räder einsetzbar. Mittels
der Schnapp-Verriegelung lässt sich der Rad-Adapter in Sekunden-
schnelle befestigen, ohne dass dabei die Radbefestigung verändert
werden muss.
Mit dem NuDrive kann man auf einfache Art manövrieren und bremsen. Es ist ein interessantes System für Menschen, die nicht mehr die
volle Kraft für einen Aktivrollstuhl haben, aber noch keinen Elektroantrieb nutzen wollen. Klinische Untersuchungen haben ergeben, daß
der Hebelantrieb die Inanspruchnahme der Schultern steigert und
somit Degenerationserscheinungen vorbeugt und die Verletzungsgefahr vermindert. Durch den Hebelantrieb wird eine Verbesserung
der Körperhaltung und ein verstärktes Training der Schultern erreicht.
Auch das Karpaltunnelsyndrom, eine Schädigung des Nervs in der
Handwurzel, die gerade bei Nutzern von Aktivrollstühlen häufig auftritt, kann deutlich reduziert werden. Durch die Hebelwirkung wird
eine Reduzierung des für den Antrieb erforderlichen Kraftaufwandes
um bis zu 40 % erreicht. Er kann sowohl im Innenbereich als auch im
Freien eingesetzt werden. Besonders bergauf ist der NuDrive eine
große Hilfe für den Nutzer. Der Hersteller gibt drei Jahre Garantie.
Vertrieb durch die TRV GmbH Karlsruhe.
Gesunde Haut – wichtig bei MS
Die Haut ist das größte Organ des Menschen. Entsprechend wichtig ist
es, dass sie gesund ist. Doch das ist leichter gesagt als getan für Menschen, die sich regelmäßig Medikamente injizieren, um den Erkrankungsverlauf positiv zu beeinflussen – wie zum Beispiel Patienten, die
an Multipler Sklerose erkrankt sind.
Die chronische Erkrankung Multiple Sklerose verlangt nach einer dauerhaften Therapie. Üblicherweise werden hier die so genannten Basistherapeutika verschrieben: Interferon beta-Präparate oder Glatirameracetat. Diese Medikamente werden bei den meisten MS-Patienten für
die Langzeittherapie gewählt, da ihre Wirksamkeit und Sicherheit belegt sind. Sie können die Häufigkeit von Krankheitsschüben reduzieren
und so das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen. Sie werden
entweder unter die Haut oder direkt in den Muskel gespritzt. Weiterhin
variiert die Häufigkeit der Anwendung von 1 x wöchentlich bis hin zu
7 x wöchentlich. Welches Medikament das richtige ist, entscheidet der
Arzt gemeinsam mit dem Patienten.
Eine mögliche Nebenwirkung der regelmäßigen Injektion sind Hautreaktionen wie Rötungen, Schwellungen oder Entzündungen. Diese
können unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Wenn Hautreaktionen
auftreten, sollte der behandelnde Arzt hinzugezogen werden. Wichtig ist in jedem Fall eine konsequent durchgeführte Therapie. Was in
der Theorie einfach klingt, fällt vielen Patienten in der Praxis schwer.
Aus diesem Grund wurde das Patientenprogramm AVOSTART-1a
entwickelt. Es bietet z.B. die persönliche Betreuung und Schulungen
in der Selbstinjektion durch MS-Schwestern. Dazu eine Reihe von
Informationsbroschüren und eine kostenfreie Servicenummer. Hier
werden alle Fragen rund um die MS beantwortet. Ganz neu steht nun
die Broschüre „Hau(p)tsache gesund – die Hautfibel für MS-Patienten“
zur Verfügung, in der alle Fragen rund um das Thema Haut beantwortet werden. Weitere Infos unter www.ms-life.de oder kostenfrei unter
0800 – 37 37 000.
Schwenklift hilft beim Baden
„Wie komme ich in die Wanne? Und vor allem wieder heraus?“ Diese
Durch den Schwenklift UNO von TRUSS Innova Trading kann hier
Fragen führen oft dazu, dass behinderte Menschen auf ein Wannen-
häufig Abhilfe geschaffen werden. Er wird neben der Wanne mon-
bad völlig verzichten müssen, oder aber auf Hilfspersonen ange-
tiert und fest in den Boden verankert. Bereits neben der Wanne wird
wiesen sind. Beim Heben und Senken innerhalb der Wanne hilft ein
auf den stabilen Sitz aus Alu-Guss umgesetzt. Hilfreich hierbei sind
Badewannenlift. Ein Problem jedoch bleibt – wie überwinde ich den
die hochklappbaren Armlehnen. Der Sitz lässt sich soweit absenken,
Wannenrand?
dass ein bequemes Umsetzen ermöglicht wird. Nach dem Umsetzen
60
PARAPLEGIKER 2/10
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und Sichern wird der Sitz durch Betätigen eines Hebels am Schwenkarm mittels
Wasserdruck so hoch gehoben, dass die Füße über den Wannenrand ragen. In
die Wanne einschwenken kann man dann völlig selbstständig mittels eines ratschenähnlichen Antriebes am Bedienarm.
Mode,
die im Sitzen sitzt.
Nach dem Einschwenken über die Badewanne wird der Sitz nach unten in die Wanne gesenkt. Bis etwa 2 cm über den Wannenboden senkt sich der Schwenklift ab.
Nach dem Bad geht es dann in der gleichen
Weise wieder hinaus. Bequem wird sich auf
dem Sitz des Liftes abgetrocknet und dann
trocken und sicher umgesetzt. Auch andere Personen können ohne Einbußen baden,
der Sitz wird dann einfach außerhalb der
Wanne abgesenkt und geparkt. Ein weiteres Modell der Schwenklift – Familie, der
DUO, wurde übrigens für die Nutzung mit einer Hilfsperson konzipiert.
Der Schwenklift wird bei der Firma TRUSS Innova Trading in Kassel als langlebiges
Kleinserienprodukt aus Edelstahl und Aluminium hergestellt. Die Lifte werden
mit dem Wasserdruck des Hauswasseranschlusses betrieben. Lediglich ein 6Volt-Akku zur Steuerung des Liftes wird benötigt. Der Schwenklift trägt die CEKennzeichnung und ist TÜV-geprüft.
Infos unter tel 05 61-807 55 55, www.schwenklift.net
oder eMail: [email protected].
10. cSc capp
Sport cup
Den über 600 Teilnehmern des 10. cSc (capp Sport cup) „gemeinsam rollt’s“ werden exzellente Bedingungen rund um den Freizeitpark Langenfeld geboten. Ob
mit oder ohne Handikap, aus der gesamten Bundesrepublik und dem angrenzenden Ausland, hier ist jeder/jede herzlich willkommen. Das Startgeld beträgt
für Teilnehmer bis 17 Jahre 5 €, ab 18 Jahre 10 €, wenn die Anmeldung bis zum
29. August 24 Uhr online erfolgt und der Betrag bis zum 30. August 12 Uhr auf
dem Konto der Weik-Stiftung eingegangen ist. (Speedskater zahlen 14 €.) Wer sich
erst am Starttag anmeldet, zahlt doppelt so viel. Im Startgeld sind übrigens Bons
über 5 € für Essen und Trinken und ein Präsent (T-Shirt oder Badetuch) enthalten.
Meldungen und weitere Informationen sind im Internet unter www.gemeinsamcsc.de möglich.
Dort sind auch die Bankdaten aufgeführt. Bernhard Weik, Stifter der E & B WeikStiftung, Organisator und Veranstalter, gibt zu allen Fragen gerne Auskunft über
tel 0 21 73-270 233
oder eMail: [email protected].
Wie jedes Jahr wird wieder ein umfangreiches Rahmenprogramm vorbereitet,
und die internationale cSc-Schlemmermeile bietet viele Köstlichkeiten, um Hunger und Durst zu stillen.
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Geschäftsbereich
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Verkäufer auch der Eigentümer sein.
recht
Behindertengerechtes Wohnen –
Berechnungsmethoden für Schadensersatzforderungen (2)
Kosten für Umbauten
Während in vielen Fällen ein Umzug unumgänglich ist, sind manche frischverletzte Rollstuhlfahrer in der glücklichen Lage, dass ihre bisherige Wohnung (meist ein Haus auf dem
Land) umbaubar ist. Hier stellt sich natürlich ebenso wie beim Umzug die Frage, welche
Kosten auf die Behinderung zurückzuführen sind und welche Kosten einen effektiven
Mehrwert darstellen.
Stets behinderungsbedingt und daher regelmäßig
übernommen werden die Kosten von Aufzügen.
Insoweit sollte, falls möglich, der Aufzug immer an
das Haus angebaut werden, Treppenlifte o.ä. sind
anderen Familienmitgliedern oft im Weg und nehmen unnötig Platz weg, oft zerstören sie auch den
Charme eines Hauses.
Zusammen mit dem Anbau des Liftes sollte auch
an einen generellen Anbau gedacht werden, da
Rollstuhlfahrer normalerweise einen Therapieraum
benötigen. Ein Therapieraum erklärt sich von selbst,
irgendwo muss die Krankengymnastik und Physiotherapie auch stattfinden, irgendwo müssen Motomed, Stehtrainer und die verschiedenen Rollstühle
auch gelagert werden.
stellt, schnell und unkompliziert ins Grüne zu kommen.
Großes Augenmerk sollte auch darauf gelegt werden, dass ein überdachter Stellplatz, am besten eine
Garage, zur Verfügung steht, die vom Haus aus direkt oder auf überdachten Wegen – wichtig v.a. bei
Eis und Schnee – zu erreichen ist.
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Der neue Rollstuhlantrieb ...
Für den Fall, dass Pflegepersonen im Haushalt untergebracht werden sollen, brauchen diese einen
eigenen Rückzugsbereich mit Wasch- und Kochgelegenheit, dieser kann im Anbau untergebracht
werden.
•
Auch für ein eigenes Bad gibt es gute Argumente,
die ein Gericht überzeugen: Bekanntermaßen verbringen viele Rollstuhlfahrer viel mehr Zeit im Bad
als Fußgänger, allein schon wegen der verschiedenen zeitaufwändigen Methoden des Abführens.
Nichts kann in einer Familie zu mehr Reibereien führen als ein andauernd belegtes Bad. Das Bad selbst
ohne Duschwanne ist auch von Fußgängern nicht so
gut benutzbar und benötigt nach Benutzung auch
mehr Reinigungsaufwand als ein normales Bad.
Natürlich sind auch die Außenanlagen rollstuhlgerecht umzubauen, auch der Garten soll wieder für
den Betroffenen voll nutzbar sein, umso mehr als
der Garten oft die einzige einfache Möglichkeit dar-
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Reduzierung des für den Antrieb erforderlichen Kraftaufwandes
um bis zu 40%
Schonung der Hände und der Handgelenke; bessere Hygiene
Verbesserung der Körperhaltung
Verstärktes Training der Schultern
Einfache Montage an nahezu alle Rollstühle mit 24“ Speichenrädern
Die leichte Antriebseinheit (1,5 kg) und die Radadapter
(1,1 kg) sind einfach zu transportieren
Hervorragend für innerhalb des Hauses wie für draußen,
für einfache wie für schwierige Wegbedingungen geeignet
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Gartenstraße 10
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Fax 0721 38 45 610
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www.t-rv.de
Videos über Funktionalität, Montage und
Erfahrungsberichte
des «nudrive» im
Internet:
www.youtube.de
Suchbegriff: nudrive
recht
Diese Punkte werden alle regelmäßig unproblematisch von Haftpflichtversicherungen übernommen, sofern eine ordentliche Planung (inklusive
Ausschreibung) stattfindet – hier sollte auf jeden
Fall ein Architekturbüro für behindertengerechtes
Bauen eingesetzt werden – und die Qualität der
Umbaumaßnahmen sich am Lebensstandard des
Betroffenen vor Unfall orientiert. D.h., dass nur wer
vorher in einem Schloss gewohnt hat, einen fürstlichen Umbau bekommt, ein eher armer Geschädigter wird sich indes mit einem einfacheren funktionalen Umbau begnügen müssen.
Auch das oft gebrachte Argument, dass teilweise Dinge einfach neu zu machen seien, wenn sich
beim Teilentkernen herausstellt, dass irgendwo
die Mauersubstanz oder der Dachstuhl nicht mehr
gängigen Standards entspricht und so ein Renovierungsmehrwert entstünde, greift nicht, da es sich
ja (wenn denn überhaupt) um eine aufgedrängte
Bereicherung handelt, also eine Aufwendung ,die
der Betroffene den normalen Verlauf der Dinge betrachtet überhaupt nicht getätigt hätte.
Anspruch auf Privatsphäre
Nicht vergessen sollte man auch, dass die behindertengerechten Umbauten – hier vor allem der
Aufzug – Strom verbrauchen und Wartungskosten
verursachen und dass der Anbau auch zu heizen
ist. All dies sind Positionen, die regelmäßig anfallen
und vom Haftpflichtversicherer in Rentenform oder
Kapitalabfindung zu ersetzen sind.
Problematisiert werden allerdings meistens die
folgenden Punkte. Insbesondere bei schwerstbehinderten Tetraplegikern, die jedenfalls rund um
die Uhr eine Pflegeperson im Haus haben, wird oft
argumentiert, dass aufwändige Umweltsteuerungssysteme und eine behindertengerechte Küche nicht
benötigt werden, da Dinge wie Kochen und Mobilität jedenfalls regelmäßig von Dritten übernommen
werden. Hier ist darauf zu verweisen, dass auch
noch ein Rest Privatsphäre vorhanden sein sollte
und es insbesondere aus psychischen und rehabilitativen Gesichtspunkten heraus sinnvoll ist, wenn
sich der Betroffene jedenfalls im Einzelfall selbst
helfen kann.
Oft wenden Versicherer auch ein, dass das Haus
durch die Umbauten ja einen Mehrwert bekommen würde, der vom Betroffenen selbst zu tragen
sei. Den Mehrwert bei behindertengerechten Umbauten kann ich nicht erkennen. Oft ist ein barrierefreies Haus mit Aufzug und entsprechendem Bad
nicht marktüblich zu verkaufen, weil einfach keine
Interessenten da sind.
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Wartungskosten
Ebenso muss auch klar sein, dass Menschen, die im
Kindesalter verunfallen, einen Anspruch auf einen
weiteren Umbau bei Volljährigkeit haben, nämlich
dann, wenn sie nach dem gewöhnlichen Verlauf der
Dinge das elterliche Haus verlassen hätten.
Anmerkung zum Autor: Der Rechtanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht Oliver Negele, Mitarbeiter der
AG-Recht der FGQ, bearbeitet derzeit ca. 30 Fälle aus
dem Bereich Großpersonenschaden im Jahr.
Kontakt:
RA Oliver Negele
Bgm.-Fischer-Str. 12
86150 Augsburg
tel 08 21-32 79 88 10
eMail: [email protected]
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Ambulante Dienste
Milan Kadlec
Bornberg 94
42109 Wuppertal
tel 02 02-45-02 71, Fax: -39 42
eMail: [email protected]
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Querschnittgelähmte 15 Euro,
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Dipl. Ing. Dirk Michalski
Im Hohnsiefen 1
53819 Neunkirchen-Seelscheid
tel 0 22 47-60 70
eMail: [email protected]
Internet: www.DirkMichalski.de
Frank Opper, Architekt
Auf der Wiese 20
41564 Kaarst
tel 0 21 31-51 17 09
eMail: [email protected]
FGQ-Rechtsbeistand im Sozialrecht
Herbert Müller
Freiherr-vom-Stein-Straße 47
56566 Neuwied-Engers
tel 0 26 22-88 96-32; Fax -36
eMail: [email protected]
Öffentlichkeitsarbeit
Peter Mand
Felbelstraße 15
47799 Krefeld
tel 0 21 51-62 17 000
eMail: [email protected]
Bankleitzahl
Konto-Nr.
Datum
Unterschrift
Ich kann diese Anmeldung innerhalb von 10 Tagen bei der Fördergemeinschaft der
Querschnittgelähmten in Deutschland e.V., Silcherstraße 15, 67591 Mölsheim schriftlich
widerrufen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
Datum
Unterschrift
Bitte ausschneiden und in einem ausreichend frankierten Umschlag senden an:
Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten
in Deutschland e.V.
Silcherstraße 15
67591 Mölsheim
PARAPLEGIKER – Zeitschrift für Menschen
mit Körperbehinderung
Recht / Schadensersatzrecht
Gottfried Weller
Oliver Negele
Dr. Loeffelladstr. 127
86609 Donauwörth
tel 09 06-83 34; Fax: 99 99 715
eMail: [email protected]
Das offizielle Nachrichtenmagazin der Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten erscheint jetzt im
vereinseigenen HUMANIS Verlag. Menschen mit Körperbehinderung haben viele gemeinsame Interessen,
deshalb sollte der Blick auch über den Zaun der eigenen Betroffenheit hinausgehen. Der „Para“ bietet einen
Mix aus Information, Kultur, Politik und Unterhaltung.
Schmerz bei Querschnittlähmung
Neue Ansprechpartner gesucht!
Anfragen bitte an
eMail: [email protected]
Hilfsmittel
Pflege
Urlaub
Auto
Schule & Studium
Karen Fischer
Auf der Kuhweide 1
44269 Dortmund
tel 02 31-75 97 55
Urlaub
Johann Kreiter
Laubeweg 1
70565 Stuttgart
tel 07 11 - 7 15 64 90
eMail: [email protected]
Rückseite beachten!
Ständige Themen
Rollstuhl & Co – Test the Best
Organisation, Finanzierung und Hilfsmittel
el
In Nah und Fern
Solange es rollt – Vom kleinen Flitzer
Diesen Abschnitt bitte ausfüllen,
bis zum großen Van
ausschneiden, in einen ausTipps vom Anwalt
reichend frankierten Umschlag
Portraits, Sport und Spiel, Beruf
geben und einsenden an:
Recht
Menschen
Planen und
Bauen
Barrierefrei und alltagstauglich
Zu unserem Programm gehören auch
»B-kids«
für behinderte junge Menschen
»K« - Journal Mensch und Krebs
»FGQ-Info« Informationsbroschüren der
Fördergemeinschaft für Querschnittgelähmte in Deutschland.
Bei Interesse fordern Sie bitte ein Probeheft an
oder informieren sich telefonisch beim Verlag.
Bestellcoupon rückseitig
Humanis
Verlag für Gesundheit GmbH
Silcher Straße 15
67591 Mölsheim
oder faxen an:
0 62 43 - 90 35 69
Abotelefon:
0 62 43 - 90 07 04
Werden Sie Mitglied!
JA!
Ich möchte Mitglied im Freundeskreis der
Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten
in Deutschland e.V. werden.
Ich erhalte 1/4 jährlich eine Informationsschrift, die mich unter anderem auch über alle
laufenden Aktivitäten der Fördergemeinschaft informiert. Falls ich durch einen Unfall
eine Querschnittlähmung erleide, erhalte ich als Soforthilfe 50.000 € mit entsprechender
Abstufung bei Teilinvalidität.
I
M
P
R
E
S
S
U
M
PARAPLEGIKER – Zeitschrift für Menschen mit Körperbehinderung
HUMANIS Verlag GmbH
Silcherstraße 15 · D-67591 Mölsheim
Telefon: 0 62 43-900 704
Telefax: 0 62 43-903 569
[email protected]
www.humanis-verlag.de
ISSN 0723-5070
Name, Vorname
HERAUSGEBER
Fördergemeinschaft
der Querschnittgelähmten
in Deutschland e.V.
Eingetragen ins Vereinsregister Mannheim Nr. 11844
Geb.-Datum
Straße
GESCHÄFTSFÜHRER
Roger Kniel
PLZ / Wohnort
Folgende Familienangehörige melde ich für 15 Euro an:
MARKETINGLEITUNG
Gisela Werner
Name, Vorname
Straße / Wohnort
ANZEIGENBETREUUNG
POINT63 Media- und Verlagsservice
Andreas Stoßberg
Telefon: 02 12-2 33 52 65
Telefax: 02 12-2 33 52 66
[email protected]
ja
ABOBETREUUNG
Probeheft
Telefon: 0 62 43-900 704
Straße / Wohnort
Geb.-Datum
Name, Vorname
94
Geb.-Datum
Ich bin querschnittgelähmt
nein
REDAKTIONSLEITUNG
(v.i.S.d.P.) Peter Mand
Andere Behinderung:
Spendenkonto 0 179 200, Deutsche Bank Ludwigshafen, BLZ 545 700 94
PARAPLEGIKER PARAPLEGIKER PARAPLEGIKER
Rückseite beachten
MITARBEIT AN DIESER AUSGABE
Ralf Kirchhoff, Barbara Früchtel, Ulrike Talmann, Ruth Auschra,
Hermann Sonderhüsken, Heike Stüvel, Herbert Müller, Dr. med.
Volker Mall, Dr. med. J. Kutzenberger, Raimund Artinger, Reinhard
Wylegalla, Arndt Krödel, RA Oliver Negele.
Ja!
LAYOUT
Eickhoff – Grafik & Design - Speyer
Telefon: 0 62 32-62 93 20
Vorname:
DRUCK
NINO Druck GmbH
Im Altenschemel 21
67435 Neustadt/Weinstraße
Ich möchte »PARAPLEGIKER«, die Zeitschrift für Menschen mit
Körperbehinderung abonnieren,
4 Ausgaben jährlich für 15 € (Ausland 20 €) inkl. Porto & Versand.
Name:
ERSCHEINUNGSWEISE
vierteljährlich
Straße / Hausnummer:
PLZ / Ort:
Ihr Rücktrittsrecht: Diese Bestellung kann innerhalb von 8 Tagen (Poststempel) schriftlich widerufen
werden. Diesen Hinweis habe ich zur Kenntnis genommen und bestätige dies durch meine
2. Unterschrift.
Unterschrift.
ANZEIGENSCHLUSS
3 Wochen vor Erscheinen. Anzeigen erscheinen unter Verantwortung der Auftraggeber.
Es gelten die Mediadaten Nr.9 ab 1. Dezember 2008
BEZUGSBEDINGUNGEN
Inland 15 EURO jährlich, Ausland 20 EURO jährlich, Einzelheft:
Deutschland 4 EURO (jeweils inkl. Versand und Mwst.); Ausland 4
EURO (+Versandkosten). Das Abonnement wird im voraus in Rechnung gestellt, Bezugszeitraum ist das Kalenderjahr. Das Abonnement
verlängert sich jeweils um ein Jahr, wenn es nicht mindestens 8
Wochen vor Ablauf beim Verlag schriftlich gekündigt wurde.
Gewünschte Zahlungsweise (bitte ankreuzen)
bargeldlos durch Bankeinzug
Konto-Nr.:
Der gesamte Inhalt der Zeitschrift ist urheberrechtlich geschützt, jede
unzulässige Verwertung ohne Einwilligung des Verlages wird verfolgt.
Die Autoren erklären sich mit der redaktionellen Bearbeitung ihrer
Beiträge einverstanden. Haftung für zugesandte Texte oder Bilder
wird ausgeschlossen.
Namentlich gekennzeichnete Beiträge stimmen nicht zwangsläufig
mit Meinung des Verlages und der Redaktion überein.
BLZ:
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gegen Rechnung (bitte Rechnung abwarten)
Unterschrift
Beantworten Sie bitte noch diese zwei Fragen bevor Sie die Abo-Karte ausgefüllt an uns senden:
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